Verhagelt

Moderatorin Hanna
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Blogbeitrag von Martin Moser am 24. September 2015
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Es gibt nicht viel Schöneres, als wenn Kinder spielen in sich selbst und ihre Fantasie versinken. Opi erklärt damit sogar den Hagel.

Lio spielt. Ganz in sich versunken. Mich braucht es dazu grad nicht. Ich spiel zwar gern mit ihm, mach mit ihm ein Puzzle, Memory, bau mit ihm einen Holzklotzturm oder so was. Aber eigentlich gefällt mir das, wenn er sich mit sich selber zu beschäftigen weiss. Was mir dabei auffällt, wenn er so spielt: Es sind die einfachen Dinge, die ihn in sich versinken lassen, die seine Fantasie beflügeln. Nicht die glänzenden, neuen Spielsachen, die er selbstverständlich auch hat.

Die uralte Brio-Holzeisenbahn zum Beispiel, mit der schon meine Kinder gespielt haben und die ich wieder vom Estrich runter geholt und entstaubt habe: Abgewetzte Holzteile, die sich zu einer Eisenbahn zusammensetzen lassen; ein paar Wagons, eine Lokomotive und vielleicht ein bemalter Holzwürfel als Bahnhof. Wir sitzen am Boden - nicht gut für meine Gelenke, ich weiss, aber macht Spass - und bauen eine Bahn. Und wenn ich sage, macht Spass, dann sind wir beim Kern-Problem: Mir macht es Spass - und dem Kleinen? Ich muss mir immer wieder bewusst werden, dass ich nicht meinen Spass auf ihn übertrage, und meine, das mache ihm auch Freude, wenn es mir Freude macht. Schliesslich soll er ja spielen und nicht ich in kindlicher Spiel-Nostalgie versinken.

Also bau ich ihm nicht die perfekte Bahn, sondern lass ihn mit den Schienenteilen werken. Zuweilen ruft er dann: «Opi, das geht nicht!» - und es kommt vor, dass dann so ein Teil durch die Luft fliegt. «Doch Lio, das geht schon», sag ich beruhigend und zeig ihm, wie es gehen könnte. Dann macht er weiter. Einfach, aber das lässt ihn eintauchen in seine Welt, und er spielt, setzt die Lokomotive drauf und fährt im Kreis, hängt Wagen an, belädt sie, fährt, entlädt sie usw. Spielt schön für sich. So kann ich ihn spielen lassen. Und das tut er.

Es geht noch einfacher. Jüngst wollte er Hagel spielen. Hagel? Wie geht denn das? Offenbar hat er bei einem der Sommergewitter mitbekommen, dass es hageln könnte. Und seither will er wissen, wie das mit dem Hagel ist, was da passiert. Das hat ihn beeindruckt. Er will darum Hagel spielen, Hagel während einer Autofahrt. Also machen wir das. Ich mim den Fahrer. Er sitzt daneben und gibt erst Blitz und Donner mit Zischen und Krachen, dann Regen mit Rauschen und am Schluss den Hagel. Dafür hab ich ihm einen kleinen Gummiball in die Hände gedrückt, den lässt er jetzt auf mich fallen, hebt ihn auf, lässt ihn wieder fallen - immer wieder. Dann vertauschen wir die Rollen. Er fährt, ich bin das Wetter. Und das tun wir immer wieder und haben viel Spass dabei.

Ein kleiner Gummiball und viel Fantasie: Alles was es braucht, um spielend die Welt zu erklären.
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