Schlussendlich geht es in dieser Diskussion - wie in vielen anderen - um den Erziehungsstil, das Erziehungsverhalten der Eltern.
Welche Werte sind mir wichtig? Was will ich meinem Kind in seinen Rucksack füllen? Wie fülle ich den Rucksack? Lasse ich dabei mein Kind mitbestimmen? Immer, manchmal oder nie? Gibt es Dinge, über dich ich auf keinen Fall verhandeln will oder kann?
Mögliche Fragen, die ich mir zu Beginn, wenn ich Mutter werde, stelle. Unbewusst oder bewusst. In Babyjahren möchte ich mein Kind gleichzeitig vor Impfungen und Krankheiten beschützen - wie entscheide ich mich? Welche Faktoren spielen in diesen Entscheid mit ein?
Das Kind wird älter. Ich stelle fest, dass der damals gefällte Entscheid heute nicht mehr "richtig" ist für mich. Ein neues Abwägen beginnt. Fühle ich mich schuldig? Geht es mir am A** vorbei? Kann ich mich weiter im Spiegel anschauen wenn ich sage "hey, damals hast du so entschieden, mit dem damaligen Wissensstand - heute habe ich ein anderes Wissen und entscheide mich neu. Vergangenes kann ich nicht rückgängig machen, aber weiteren Schaden nach meinen Möglichkeiten vermeiden"
Was ist richtig? Was ist falsch?
Ich reagiere aus einer Situation, aufgrund meiner Erfahrungen. Manchmal handle ich nicht so, wie ich es möchte. Manchmal mache ich etwas, obwohl ich weiss, dass es "daneben" ist. Manchmal heisst das dann auch...*gopfridstutz, das macht mi so öppis vo stinkehässig, dass dis ämtli scho wieder nid gmacht hesch....und ja, das kann auch in einem sehr lauten Ton über meine Lippen kommen.
Macht mich nicht das als MICH aus? Kann es nicht auch ein Gewinn sein für mein Kind wenn es sieht und hört.... hoppla, auch mein Mami hat sich nicht immer im Griff. Ich meine ja.
Anschreien = psychische Gewalt
Ja, das unterschreibe ich. Denn.....in das Wort anschreien impliziere ich, dass ich Macht gegenüber meinem Kind ausübe. Anschreien und schreien ist für mich NICHT das Gleiche. Anschreien ist demütigen, macht hilflos, macht Angst, lähmt und kann die Entwicklung blockieren. Anschreien (und das kann sowohl laut wie leise geschehen) ist immer direkt auf das Kind bezogen - es wird mit unüberlegten, oft erniedrigenden Worten überschwemmt und muss nach Luft schnappen. Eine Welle schüttelt das Kind durch, prägt und sitzt möglicherweise noch eine Weile in den Knochen. Doch das Kind wird sich erholen. Das Gewässer ist wieder ruhig und das Kind fühlt sich sicher. Ist die See jedoch ständig in Bewegung, kommt eine Welle nach der anderen, dann ist das Kind nur noch am Luft schnappen und droht zu ertrinken.
Schreien hat für mich einen ganz anderen Charakter. Schreien hat für mich mit Gefühlsausbruch zu tun. Ich möchte meinen Kindern mit auf den Weg geben, dass sie schreien dürfen - genau so wie sie weinen dürfen, traurig sein dürfen, lachen dürfen, wütend sein dürfen,....Schreien kann befreien, kann Druck abbauen, kann Klarheit schaffen.
Möglicherweise denke ich in 10 Jahren anders. Heute, mit meinem aktuellen Wissen bin ich von oben geschriebenem überzeugt. Genauso überzeugt bin ich, dass eine Diskussion über so persönliche, fundamentale Themen über ein Forum kaum befriedigend sein kann. Viel zu schnell werden geschriebene Worte vom Leser anders gelesen als vom Schreiber gemeint.
Und ein wichtiger Wert, den ich meinen Kindern mit auf den Weg geben möchte ist der: *Du musst mit dem Verhalten eines Menschen nicht einverstanden sein. Der Mensch hat trotzdem deinen Respekt und deine Toleranz verdient.*
Wisse immer was du sagst, aber sage nicht immer, was du weisst.