Problem mit Neuem / Unerwartetem

Veza
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 09.02.2004
Beiträge: 148
Unser Sohn hatte schon immer ziemlich Mühe, wenn irgend etwas Neues und Unerwartetes passierte. Es ist wohl einfach sein Charakter, das kann ich auch akzeptieren. Wenn ich ihn vorgängig mental auf etwas Neues vorbereite, geht es auch ganz gut. Allerdings habe ich doch etwas Angst für ihn, dass er allzu unflexibel ist und frage mich, ob es nicht Möglichkeiten gibt, ihn darin zu üben, mit Unerwartetem fertig zu werden.

Als Beispiel: Er hatte gestern seinen ersten Schultag, ging alles tiptop, weil er auch gut darauf vorbereitet war. Da er aber gestern etwas spät ins Bett ging, weckte ich ihn heute 10 Min. später als abgemacht, da rastete er fast aus. Ich muss dazu noch sagen, dass er ein extremer Perfektionist ist, um nicht zu sagen ein "Tüpflischiisser", deswegen bemerkt er auch jede kleinste Abweichung. Er hat sogar Mühe, sich unerwartet auf eine eigentlich positive Überraschung einzustellen.

Ich habe einfach das Gefühl, dass er sich damit das Leben nicht grad einfach macht und würde ihm gerne helfen, besser damit klar zu kommen. Hat da jemand Ideen und Erfahrungen?

Vielen Dank!
Russalka
Dabei seit: 16.02.2002
Beiträge: 716
ich handhabe es so: ich versuche meinem kind möglichst viel sicherheit und halt zu geben, unser leben verläuft wenn immer möglich in den geordneten bahnen. ich habe damit die beste erfahrung gemacht! und ich vertraue darauf, dass er mit der zeit immer flexibler wird... von sich aus! wenn er dazu bereit ist.
(allerdings hat der rest der familie auch ein anrecht auf ein soziales leben - deshalb muss er sich halt manchmal 'anpassen'.)
Gelöschter Benutzer
Ich habe auch so ein Exemplar. Er ist jetzt in der 4. Klasse und es ist um Welten besser als früher. Welten! Lass ihm einfach Zeit und mache es wie bisher, gib ihm die Möglichkeit sich vorzubereiten. Meiner ist auch definitiv kein Empfänger für Überraschungen, das mussten z. Bsp. auch die Grosseltern lernen. An besonderen Tagen (Waldtag, Schulausflug, halt alles, wo es Ungewissenheiten dabei hat) versuche ich auch immer, alles abzusprechen, alles am Vorabend bereit zu legen, ja keine zusätzliche Aufregung. Mittlerweile merke ich aber, dass solche Tage ihn zwar immer noch aufregen, aber positiv: er freut sich sehr darauf!

Ich glaube, dass sich das ergibt bzw. sie lernen, besser damit umzugehen.
Veza
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 09.02.2004
Beiträge: 148
Danke für Eure schnellen Reaktionen!
Ich habe aber eben nicht das Gefühl, dass es besser wird, in den letzten Jahren wurde es eher schlimmer. Es kommt mir vor, dass je mehr er lernt und versteht (lesen, Uhrzeit etc.) umso mehr scheint es ihn zu stressen, wenn etwas mal eben nicht so ist, wie er es gelernt hat und wie er meint, dass es sein müsste. Es braucht dann jedesmal eine unglaubliche Diskussion bis in alle Details, damit er etwas akzeptieren kann. Heute morgen hat er zu den 10 Min. später aufstehen weitere 10 Min. Diskussion gebraucht, um zu akzeptieren, dass ich ihn jetzt eben 10 Min. später geweckt habe... es ist wirklich extrem, das bestätigt auch unser Umfeld, es fällt wirklich allen auf...
jeruscha
Dabei seit: 30.12.2003
Beiträge: 1196
Wird es wirklich schlimmer, oder eventuell nur anders? Ihr hattet eine Weckzeit abgemacht, du hast die Abmachung (aus deiner Sicht aus logischen Gründen) nicht eingehalten. Aus Sicht deines Sohnes sieht es jedoch anders aus, er scheint dies anders wahrzunehmen. Wusste er, dass die Weckzeit an Bedingungen (Einschlafzeit) gekoppelt ist?

In unserer Familie tummeln sich diverse Asperger-Autisten sowie Asperger-Grenzfälle. Für mich sind solche Situationen wie du sie beschreibst absoluter Alltag, Normalität. Selber mag ich übrigens keine Überraschungen, verpackte Geschenke deren Inhalt ich nicht VOR dem Auspacken kenne, finde ich ziemlich irritierend.

Ach ja: endlose Diskussionen blocke ich bei Bedarf ab, jeder kann seine Sicht, seine Wahrnehmung einbringen, aber irgendwann ist genug, keiner hat Anspruch darauf zu beweisen, dass seine Sicht die Richtige ist, und die des andern die Falsche. Diskussionen dienen bei uns in solchen Situationen nur dazu, dass jeder die Perspektive des andern verstehen lernt, er muss sie nicht einnehmen.
Gelöschter Benutzer
Man kann das ja aber auch mal ins Positive umdrehen. Dein Sohn ist ein Erstklässler und kann sich schon so richtig gut an Regeln halten. Bravo! Er erwartet das auch von andern. Andere Erstklässler müssen das zuerst lernen und haben Mühe damit. Er kann das super, muss nur noch lernen, dass auch kleine Abweichungen ok sind bzw. nichts passiert, wenn mal nicht alles so ist wie vorgesehen.
dude
Dabei seit: 20.05.2003
Beiträge: 1275
Ich finde jetzt das eine hat mit dem anderen nicht unbedingt etwas zu tun.

Meine ältere Tochter z.B. ist extrem selbstsicher, geht extrem offen auf neues zu, ABER, wenn etwas nicht nach Plan läuft, ist sie total überfordert und tickt komplett aus.

Meine jüngere Tochter hingegen, ist extrem unsicher und ängstlich bezüglich neuem. Braucht lange Vorbereitung mittels besprechen vorher etc. ABER, sie bringt, falls etwas nicht nach Plan läuft absolut nichts aus der Ruhe.

Darum will ich damit sagen, dass das eine das andere nicht ausschliesst.

You can judge the character of a person by the way they treat those who can do nothing for them
Veza
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 09.02.2004
Beiträge: 148
ja an Regeln halten kann er sich ziemlich gut, das ist schon so, aber das ist nur eine Perspektive. Er hat aber nicht nur Mühe, wenn etwas nicht wie abgemacht läuft, er will z.B. auch keine neuen Gerichte oder Lebensmittel probieren, er will keine Ausflüge an Orte machen, wo er noch nie war, niemanden besuchen gehen, den er nicht kennt usw. Wenn ich unsere beiden Buben in dieser Hinsicht vergleiche, habe ich das Gefühl, der Grosse stellt sich immer von allem die möglichen Konsequenzen vor (z.B. hab ich vielleicht nicht gern, gefällt mir vielleicht nicht, komme dann vielleicht zu spät etc.), und das derart exzessiv, dass es ihn wie blockiert. Der Kleine hingegen stürzt sich (übrigens genauso exzessiv) kopfüber in jedes Abenteuer und probiert alles aus, ohne sich die geringsten Gedanken über mögliche Konsequenzen zu machen.
Ich frage mich einfach, ob ich ihm wirklich den grössten Gefallen tue, wenn ich ihn von allem Neuen und Unerwarteten möglichst fernhalte, oder ob es nicht einen besseren Umgang mit der Thematik gibt, so dass er behutsam lernen kann, damit umzugehen. Meistens ist es nämlich so, dass es ihm im nachhinein eben doch gefällt, wenn wir darauf insisitieren (z.B. Ferien, Ausflug etc.), einzige Ausnahme ist das Essen, da ist er enorm wählerisch resp. eintönig.
Unsicher und ängstlich ist er übrigens auch nicht, er weiss genau, was er kann, und wenn ihn etwas interessiert, ist er mit Ausdauer und Einsatz dabei. Die Kindergärtnerin meinte einfach, er sei halt ziemlich scheu, aber ich denke auch das hat mit seinem Perfektionismus zu tun. Wenn er sich einer Sache nicht sicher ist, hält er sich lieber zurück, ebenso wenn er jemanden nicht kennt.