Räbenlicht fürs Christkind

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Blogbeitrag von Martin Moser am 5. November 2015
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Bräuche wie Räbenlichtumzüge oder Weihnachten sind mehr als Boten aus der Vergangenheit. Und Opi hofft, dass die beiden Enkel noch möglichst lang ans Christkind glauben.

Lio marschiert mit seinem Räbenlicht los. Inmitten einer erklecklichen Kinderschar. Es geht allerdings nicht lang, da steht er wieder vor mir: «Opi, kannst du wieder anzünden?» Da hat er wohl seine ausgehöhlte und verzierte Räbe etwas zu schnell geschwungen, so dass die Kerze ausgelöscht ist. Ich zünd sie wieder an - und schon läuft er wieder weiter im Umzug. Rüben auszuhöhlen und zu Laternen zu machen, ist ein alter Brauch, der bis ins Mittelalter zurück reicht. Die wurden geschnitzt aus Freude darüber, dass im November auch die letzten Feldfrüchte geerntet und für den Winter eingebracht waren.

Bräuche sind allerdings nicht nur Boten aus der Vergangenheit. Sie sind auch so etwas wie eine Richtschnur durch unser Leben. Damit mein ich nicht nur die grossen, Massen anziehenden wie etwa die Fasnacht oder andere Volksfeste, deren ursprünglicher Sinn und Wurzeln zuweilen ganz vergessen und die darum nichts anderes mehr sind, als ein gigantisches Gelage. Ich mein vor allem die kleinen Bräuche, die familieninternen: Geburtstage, Festtage, besondere Feiertage, der Jahreswechsel usw.

Weihnachten zum Beispiel. Steht ja vor der Tür. Wie feiern wir die? Ob mit oder ohne religiöses Brimborium, um Weihnachten kommt man nicht herum. Ist das einfach nur noch ein Austausch von Geschenken oder geht es da um mehr? Seit ich mich erinnern kann, trifft sich da jeweils die ganze Familie. Geschenke sind dabei nicht das wichtigste, sondern: Man sieht sich wieder einmal. Für die Erwachsenen Gelegenheit, sich ganz ungezwungen zu begegnen, sich zu unterhalten, auszutauschen. Für die Kinder Gelegenheit, wieder einmal die Cousins und Coucousins zu sehen. Und für die Kleinsten schaut sogar das Christkind vorbei. Früher war es die Glocke in der Stube, deren feines Klingeln uns Kindern anzeigte, dass das Christkind da war. Und endlich durften wir rein in den schön festlich dekorierten Raum mit dem reich geschmückten Christbaum.

In diesem Jahr werden Lio und Enyo die Jüngsten sein. Für sie wird das Christkind vorbeifliegen. Natürlich werden sie glauben, dass es das Christkind gibt. So wie wir das geglaubt haben. Und Opi wird ihnen den Glauben daran sicher nicht nehmen. Das bisschen Geheimnis, das in diesem Mythos steckt, sollen sie noch möglichst lange mit sich herum tragen. Dass die Welt viel profaner ist, werden die beiden noch früh genug erfahren.
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