Wie lange Unterhaltspflicht für erwachsenes Kind ?

angelface
Dabei seit: 05.11.2005
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@blume67
was im Beobachter-Artikle unglücklich formuliert ist, ist die Darstellung dass die "Fähigkeiten" des Kindes relevant seien.
Einen Anspruch des Nachwuchses auf eine seinen Fähigkeiten entsprechende maximale und optimale Ausbildung besteht keineswegs. Es gibt viele sozial schwache Eltern, deren Kinder die Fähigkeit zu umfassenden und langwierigen Ausbildungen haben, die jedoch aus sozialen und finanziellen Gründen nicht in der Lage sind, dies umzusetzen und zu finanzieren.
Henrietta
Dabei seit: 19.11.2002
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Ich habe auch eine Frage, vielleicht kennt sich ja jemand damit aus.
Meine Kinder bekommen von ihrem Vater Kinderalimente bis Ende Erstausbildung.
Wie ist das, wenn ein Kind eine Lehre macht und anschliessend ein Jahr Schule zur Erlangung der Berufsmatur. Das Kind also die Berufsmatur nicht während der Lehre macht, sondern anschliessend. Bekommt das Kind die Alimente nur bis Ende Lehre oder auch noch im anschliessenden „Berufsmaturjahr“?
Und wenn das Kind danach noch eine Fachhochschule besuchen möchte, hat es dann auch noch Anrecht auf Alimente oder erlöschen diese mit dem Erhalt des eidgenössischen Fähigkeitszeugnisses?
Manya
Dabei seit: 30.05.2002
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@Henrietta: Lies mal weiter unten.

@angelface : Das ist mir zu hoch (Unterhaltspflicht:Unterstützungspflicht)
Henrietta
Dabei seit: 19.11.2002
Beiträge: 133
Mir ist klar, dass wenn die Berufsmatur während der Lehre gemacht wird, dass dann die Alimente noch bezahlt werden müssen.
Was ich eben nicht weiss, wie es ist, wenn man die normale drei-jährige Lehre macht und danach gleich anschliessend ein Jahr voll die Schule zur Berufsmatur besucht. Denn nach Abschluss der dreijährigen Lehre hat man ja bereits das EFZ, in dem Fall gäbe es dann wohl keine Alimente mehr während des anschliessenden Schuljahres zur Berufsmatur.
Für die Fachhochschule haben sich die Alimente dann wohl ganz erledigt, wie ich jetzt gelesen habe.
Manya
Dabei seit: 30.05.2002
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@Henrietta. Nein, ich verstehe das nicht so (dass sich die Alimente für das FH-Studium erledigt haben)S. v.a. Beobachter
Warten wir mal, was Angelface sagt
fisi
Dabei seit: 05.04.2007
Beiträge: 4066
http://www.gerichte.lu.ch/kindesunterhalt_vortrag_roelli.pdf

seite 3 ff sind interessant.

demnach und auch gemäss den ausführungen im beobachter-artikel (und weiteren im www zu findenden) spielt es eine rolle, ob eine den fähigkeiten angemessene ausbildung bereits mit abschluss der lehre, oder ob dies erst nach einer weiterführede ausbildung erreicht sein wird.

zudem kann auch das früher gefasste lebens- oder ausbildungsziel massgebend sein. hat der auszubildende immer schon den wunsch geäussert und bringt er die geforderten voraussetzungen mit, nach der berufslehre die bms zu absolvieren, so wird letztere zur erstausbildung gezählt.

generell kann man wohl sagen, dass hinsichtlich dieser fragestellung nicht einfach ein raster angewendet werden kann, sondern jeder fall einzeln beurteilt werden muss.

Der Vorteil der Klugheit besteht darin, daß man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger.
angelface
Dabei seit: 05.11.2005
Beiträge: 411
Ich halte es für problematisch, Ausdrücke aus dem Konsens herauszunehmen und diese isoliert zu betrachten:

Im Vortrag, auf welchen Thomas Fisler verweist, ist von einer „angemessenen Ausbildung“ die Rede. „Es soll ihm [dem Kind] erlaubt werden, im Rahmen seiner Bedürfnisse, Fähigkeiten und Neigungen seinen Lebensunterhalt zu verdienen und wirtschaftlich selbständig zu werden.“ Und weiter: „Eine Zweitausbildung ist höchstens dort denkbar, wo der Beruf der Erstausbildung – z.B. aus gesundheitlichen oder aus Gründen des Arbeitsmarktes nicht(mehr) ausgeübt werden kann.“
Der Autor bezieht sich in seinem Vortrag ausdrücklich auf den Mündigenunterhalt, also der UnterHALTSverpflichtung zwischen Mündigkeit (vollendetes 18. Altersjahr) und Erstausbildungsabschluss. Dabei handelt es sich um Minimalansprüche und mit den Fähigkeiten entsprechend ist keineswegs eine Maximalausbildung zu deren Ausschöpfung gemeint.

Wie früher erwähnt können sich Eltern sowohl stillschweigend wie auch auf Basis einer Vereinbarung zu weiterführenden UnterSTÜTZUNGEN verpflichten. In einer solchen Vereinbarung könnte z.B. eine Anrechunung an späteres Erbe bereits festgelegt sein. Begleiten Eltern ihr Kind z.B. durch eine Gymnasialausbildung, welche mit Matura endet, so ist anzunehmen, dass ihnen von vornherein klar ist, dass ein Studium folgen wird. Sie gehen damit eine UnterSTÜTZUNGSpflicht bis zum Studiumsabschluss ein.
Unterstützen die Eltern z.B. eine Lehre mit Berufsmatura und erfolgt dies bewusst mit der Absicht, dieser eine Weiterbildung folgen zu lassen, kann die Situation, dass sich die Eltern in eine UnterSTÜTZUNGSpflicht begeben haben, eher zutreffen.
Auf dieser Basis können Eltern zur UnterSTÜTZUNG verpflichtet werden und können diese auch nicht ohne wirklich triftigen Grund vorzeitig einstellen.

Anders sieht es wiederum aus, wenn der Nachwuchs während oder unmittelbar nach Abschluss einer Lehre beschliesst, nun doch noch die Berufsmatura nachzuholen und eine höhere Ausbildung zu machen. Dann war der Weg für die Eltern vorab nicht ein-schätzbar, womit es für den Nachwuchs erheblich schwieriger werden dürfte, bei den Eltern UnterSTÜTZUNG durchsetzen zu können.

Nicht ganz unrelevant für betroffene Eltern ist in der ganzen Sache dann auch deren Zivilstand: Bei verheirateten, zusammenlebenden Eltern stellt sich die Frage nach der UnterHALTSpflicht gar nicht. Dort ist es in aller Regel eine Frage einer allfälligen UnterSTÜTZUNGSpflicht nach Volljährigkeit des Nachwuchses.
Etwas anders bei geschiedenen Eltern: In Scheidungskonventionen findet sich noch heute oft beim Kinderunterhalt die Formulierung „bis zum Abschluss der Erstausbildung bzw. maximal bis zum vollendeten 25. Altersjahr“, wobei sich dies auf die vom nicht obhutsberechtigten Elternteil zu leistenden Zahlungen bezieht. Damit wird dort der Unmündigenunterhalt in den Mündigenunterhalt verlängert. Ergibt sich hier die Situation, dass sich die Eltern vorab formlos oder offiziell in eine UnterSTÜTZUNGSpflicht begeben haben, so trifft diese beide Elternteile nach ihrer Leistungsfähigkeit. Beschliesst der Nachwuchs also z.B. auszuziehen, kommen grundsätzlich beide Elternteile im Rahmen der jeweiligen Leistungsfähigkeit in den „Genuss“ Geld schicken zu dürfen.

Im Schlusssatz hat Thomas Fisler Recht: In einer konkreten Auseinandersetzung zu Unterstützungspflicht findet eine individuelle Beurteilung der Situation und der dazugehörenden Geschichte statt.
Gelöschter Benutzer
Völlig abgesehen von rechtlichen Aspekten sollte man das doch unter Erwachsenen (und das ist das Kind in diesem Fall) normal klären können?
Wenn ich mein Kind so erzogen habe, dass es gelernt hat, was das Leben kostet und den Wert der Arbeit schätzt, dann kann ich doch mit ihm als Volljährigem (zumal mit einer Ausbildung die zum Geldverdienen befähigt) hinsitzen, Budget auf den Tisch legen und sagen, es reicht nicht um noch einen Erwachsenen zu finanzieren. Wenn du dich weiterbilden willst, wunderbar, aber such einen Weg, dies neben dem Job zu machen. Dann kann man immer noch diskutieren, ob man dem Kind entsprechend entgegenkommt und es zuhause wohnen lässt zu einem geringen "WG-Zimmer-Preis".
erna
Dabei seit: 03.01.2002
Beiträge: 870
Radio DRS1 hat gerade das Thema "Hotel Mama" am laufen... sehr informativ und unterschiedliche Hörermeinungen.

Wenn ein Studium (Pharma) mit 25ig nicht abgeschlossen ist, kann man auch bis 30 unterstützungspflichtig sein. Fachmann hat dies gerade gesagt.
angelface
Dabei seit: 05.11.2005
Beiträge: 411
@ Anita O.

„... sollte man...“ Im Prinzip „sollte man“ noch vieles, doch hier ging es nicht um die Frage, wie sich ein vermeintlicher Idealzustand präsentiert. Vielmehr ging es um zwei unterschiedliche Meinungen und im Endeffekt wie der Staat bzw. das Rechtsystem damit umgeht.

„... wenn ich mein Kind so erzogen habe...“ unterstellt eigentlich, dass Eltern, welche sich dieser Fragestellung ausgesetzt sehen, Fehler in der Erziehung gemacht haben. Eine solche Voraussetzung produziert bei den betroffenen Eltern aus meiner Sicht absolut ungerechtfertigte Schuld- und womöglich Verpflichtungsgefühle und lässt Entwicklungen in der Gesellschaft und deren Folgen völlig ausser Acht.

Bei der Fragestellung, wie lange und in welchem Umfang Eltern ihren Nachwuchs unterstützen müssen treffen Interessen aufeinander, die jede Seite für sich subjektiv gewichtet. Die Gesellschaft hat Rechte auf Ansprüche geschaffen. Über diese Rechte ist der heutige Nachwuchs bei Bedarf sehr gut informiert. Dieselbe Gesellschaft hat die Individualität (um nicht zu sagen den Egoismus) und den Wettbewerb über Jahrzehnte gefördert. Die Bereitschaft, z.B. im Interesse der Familie oder hier auch der Eltern zurückzustecken, ist allgemein erheblich gesunken. Im Gegenzug ist die Bereitschaft der Gesellschaft bei einem Fehlverhalten die Kinder zu schonen und die Eltern verantwortlich zu machen erheblich gestiegen (der Täter kann nichts dafür, er hatte halt eine schlimme Kindheit uns seine Eltern sind geschieden...). Diese Entwicklungen und Auswirkungen sind in der Zwischenzeit selbst beim Nachwuchs sogenannt intakter Familien angekommen und auch diese scheuen sich oft nicht mehr, ihre „Rechte“ einzufordern.

Deine „heile Welt-Theorie“ in allen Ehren und Glückwunsch all jenen Familien, in welchen es nach Deiner Beschreibung funktioniert. In all den anderen Fällen jedoch auf „.. wen ich mein Kind so erzogen habe...“ abzustellen hält nicht Stand. Schon gar nicht in der heutigen Zeit, in welcher der Nachwuchs bei weitem nicht von den Eltern allein erzogen wird.