Epilepsie und/oder Depression im Jugendalter

taraxacum
ThemenerstellerIn
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Beiträge: 1317
Unsere heute 15jährige Tochter kennen wir als fröhliches und geselliges Kind. Mit dem Wechsel in die Oberstufe ging ein Wegzug ihrer Freundin einher. Die beiden Mädchen verbindet eine ganz besondere Freundschaft. Von "Geburt an" verbrachten sie ihr Leben mehr oder weniger gemeinsam. Der Verlust war entsprechend gross. Die Freundschaft ist über die Distanz geblieben, viele Telefonminuten werden genutzt. (für mich war dies bis anhin die Grundlage für den weiteren Verlauf icon_smile.gif).
Schulisch konnte unsere Tochter nur mässig Fuss fassen und es begann ein Kreislauf. Das zweite Oberstufenjahr wiederholte sie ohne sichtbare Entlastung/Erfolg. Die Gemüstlage wurde immer labiler, Suizidgedanken drängten sich in ihren Kopf, Verfolgungsängste nahmen Einzug, das Lachen verschwand, Hobby wurden aufgegeben, Freunde wurden kaum mehr getroffen.

Trotz genügendem Notenschnitt hast sich die Tochter vor den Sommerferien entschieden, die Schulstufe zu wechseln. Zu Beginn der Sommerferien eine erste Diagnose: mittelschwere Depression, trotz uneindeutigem Krankheitsbild. Gemeinsam entschieden wir uns für eine medikamentöse Begleitung. Der erste Monat verlief recht gut, bis der Todesfall des Grossvaters die gesamte Familie von den Schienen warf. Mit Notfallmedikation, ständiger "Überwachung" und enger psychologischer Begleitung haben wir zwei gute letzte Wochen hinter uns.

Aufgrund der nicht ganz eindeutigen depressiven Symptomatik (diese zeigt sich mehrheitlich stundenweise) und von der Tochter beschriebenen Absenzen wird nun eine Epilepsieabklärung in die Wege geleitet. Nach ein bisschen lesen im Netz zeigen sich einzelne Puzzlesteine, die sich langsam zu einem Gesamtbild zusammensetzen.

Fragen:
1: Gibt es hier Eltern mit Kinder im Jugendalter mit einer Epilepsie in leichter Form (Anfälle ohne Bewusstseinsverlust)?
2: Wer hat Erfahrung mit einer Kombination von Epilepsie und Depression?
3: Wer kann mir betreffend Begleitung/Unterstützung von Seiten Familie, aber auch Abgrenzung/Inseln für die Familie berichten?


Wisse immer was du sagst, aber sage nicht immer, was du weisst.
Vilu
Dabei seit: 18.07.2002
Beiträge: 2006
Ich habe zwar zum Glück kein Kind mit Epilepsie, war jedoch im Kindes- und Jugendalter selbst betroffen. Was interessiert dich? Gerne per PN.

[Dieser Beitrag wurde 1mal bearbeitet, zuletzt am 11.09.2013 um 20:27.]

Leben und leben lassen
*Ladina
Dabei seit: 04.10.2002
Beiträge: 705
Liebe taraxacum

Leider kann ich Dir nicht helfen - ich möchte Euch aber von ganzem Herzen mein Mitgefühl ausdrücken ... ich habe Eure Geschichte gestern gelesen und sie geht mir nicht aus dem Kopf. Wir sind ja vor fast 2 Jahren auch aus dem Tessin weggezogen und unsere Tochter - damals 11 - musste im Emmental "neu anfangen". Das hat - zum Glück - sehr gut geklappt .. aber ich kann Dir versichern, dass diese Tatsache mir damals am meisten Angst machte .. alles andere (und da waren auch happige Sachen dabei) im Vergleich "kaum"...

Ich wünsche Euch ganz ganz viel Kraft !! LG Ladina

Erfolg ist die beste Rache
GabrielaA
Dabei seit: 18.10.2002
Beiträge: 5446
Oh je, das tut mir sehr leid für Euch.
In der Schule meines Sohnes hat es auch ein Kind mit Epilepsie, jedoch etwas jünger als deine Tochter. Ich weiss nur, dass dieses Kind weniger Lektionen Schul hat und auch weniger Hausaufgaben, da es sehr schnell ermüdet. Da ich das Kind zu wenig persönlich kenne, sondern nur durch meinen Sohn - sie gingen eine Weile lang in die selbe Klasse - weiss ich nicht mehr.

Ich habe im vorletzten Schuljahr jeweils 1x wöchentlich ein 4 Jähriges Kind betreut, der ebenfalls wegen Verdacht auf Epi abgeklärt worden ist. Damals noch ohne positiven Befund. Bei ihm war auffallend, dass er manchmal wie "weg" war, eine Art Ohnmacht, wo er aber bei Bewusstsein war. Die Schwester der Mutter hatte als Kind/Jugendliche eben auch Epi und war oft müde, eben auch zu müde für die Schule/Hausaufgaben.

Ich hoffe, ihr habt gute Ärzte und Betreuungspersonen, die euch unterstützen, beraten und der Tochter helfen können.
taraxacum
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 27.01.2004
Beiträge: 1317
Danke für eure Rückmeldungen.

@Ladina: wir sind nicht weggezogen. Die Freundin ist umgezogen. Für unsere Tochter gab es abgesehen von der Schule keinen Ortswechsel. Die Oberstufe ist aber im Nachbardorf und es fand eine neue Klassenkonstellation statt. Ich meine, unsere Tochter hatte damit kaum Schwierigkeiten.

@GabrielA: Ja, diese Müdigkeit ist bei unserer Tochter das Auffallendste. Zu Beginn der Oberstufe war sie alle 1-2 Wochen ein Nachmittag zu Hause am schlafen...
Sie klagt auch sehr viel über Schwindel und schwarz vor Augen mit verschwommenem Blick. Rein körperlich gibt es jedoch keine auffällige Befunde.

Irgendwie sind wir alle ein bisschen Abklärungs-müde und hoffen auf eine (endlich) zutreffende Diagnose icon_confused.gif. Die Gestaltung des Alltags ist manchmal eine Herausforderung. So ist sie z.B. nach einem Tief gestern Abend heute nicht zur Schule. Sie ist heute grundsätzlich fit, alles geht einfach langsamer und mit mehr Pausen. Für mich ist es dann manchmal schwierig, wie wir den Tag verbringen sollen. "Dürfen" wir auch mal eine Stunde weg? --> ihr tut das enorm gut; von Seiten Schule, wo sie ja fehlt, finde ich es nicht so angebracht. Diese Zwickmühlen müssen wir auch noch mit der Schule klären. Wichtig ist an diesen Tagen, dass sie eine klare Struktur hat und Aufgaben erledigen muss - ansonsten liegt sie den ganzen Tag im Bett und dreht im Kreis. Dies bedeutet Anwesenheit von einem Elternteil - da diese Tage meist nicht im voraus planbar sind, bedeutet dies ein zum Teil grosser organisatorischer Aufwand . Daher bin ich froh um Inputs betreffend Alltagsgestaltung.



Wisse immer was du sagst, aber sage nicht immer, was du weisst.
KlaraM
Dabei seit: 01.03.2013
Beiträge: 1770
Eins vorne weg: Diagnoseversuche im Netz sind ganz schlecht.

Irgendwie beschleicht mich auch ein ungutes Gefühl bei deinem Text, wie wenn du richtig gehend nach einem Problem suchst. Mir geht's immer so, wenn du von deinen Töchtern schreibst: etwas viel Beobachtung, etwas viel Planwirtschaft, etwas viel Interpretation, alles so kompliziert. Mir fehlt irgendwie die Musse, die Geduld, das Loslassen/Seinlassen, das Vertrauen in die Entwicklung. Dies mein Eindruck aus deinen Beiträgen, nicht erst seit diesem hier. Ich meine auch mich an frühere Netz-Diagnoseversuche zu erinnern. Immer alles so ernst und dramatisch.
taraxacum
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 27.01.2004
Beiträge: 1317
@KlaraM

Eins vorne weg: Ich mache bestimmt keine Diagnoseversuche im Netz. Da bin ich wohl die Letzte, die dies tun würde. Ich bin lediglich an einem Austausch interessiert.

Möglich, dass dein ungutes Gefühl ein Quentchen Wahrheit hat. Möglich, dass ich zu viel beobachte und zu schwarz sehe. Möglich, dass mein Text bei der den Eindruck weckt, dass alles sehr kompliziert ist.
Ich meine von mir, dass ich sehr viel Vertrauen in die Entwicklung meiner Kinder habe. Vielleicht bin ich einfach realistisch?

Du schreibst, dir fehlt die Musse, die Geduld, das Seinlassen. Ja, genau das fehlt mir auch! Beiträge, WIE ich genau diese Bereiche leben kann, sind seeeeehr willkommen. Genau DARUM habe ich dieses Thema eröffnet.
Konkret:
Wie erhalten wir alle als Familie die Musse, die für uns alle schwierigen und anstrengenden Phasen zu leben/begleiten/auszuhalten?
Wie können wir uns in Geduld und Vertrauen üben, dass unsere Tochter ihren Weg gehen kann, ohne immer wieder von neuem zu stolpern und sich nicht nur die Nase sondern auch die Seele aufzuschürfen?
Wie können wir uns im Seinlassen/Loslassen üben, ohne ständig von der Angst begleitet zu sein, unsere Tochter nicht genug beschützt oder begleitet zu haben?


Wisse immer was du sagst, aber sage nicht immer, was du weisst.
kaye
Dabei seit: 25.11.2009
Beiträge: 963
Diagnose versuche ich keine, aber einen Tipp: rausgehen würde ich auf jeden Fall! Sie ist ja nicht körperlich erkrankt, und frische Luft und Bewegung gehört bei ihrer Krankheit eindeutig zur Therapie! Das würde ich auch der Schule mitteilen, wenn Du Dich dann besser fühlst.
Und sonst ist so ein seelisches Sinkenlassen halt häufig bei einem Verlust, von dem sie ja gleich zwei hatte. Ich würde nicht auf eine medizinische Diagnose drängen, sondern eine gute psychologische Unterstützung suchen. Und einfach gut beobachten, was ihr guttut, was ihr ein bisschen Energie gibt statt nimmt, und das dann fördern. Es kann auch sein, dass in dem Alter zuviel Beschützen und Behüten nicht mehr unbedingt förderlich ist. Aber das musst Du selber spüren, was in Eurem Fall und zu diesem Zeitpunkt richtig ist. Das können wir nicht aus der Ferne...
Alles Gute!
KlaraM
Dabei seit: 01.03.2013
Beiträge: 1770
Mit der Netzdiagnose meinte ich mehr das Stöbern im Netz nach möglichen Diagnosen wie Epilepsie. Wer sucht, der findet. Hast du so nicht auch schon andere Krankheiten (bezüglich Essen zum Beispiel) bei deinen Töchtern "entdeckt"? Machst du dir (euch) da nicht unnötig Stress?

Ausserdem fallen mir deine rigiden Pläne auf: wer wann an welchem Tag was. Wenn ich an meine Teenager denke oder an meine Teenager-Zeit: das wäre so in etwa das allerletzte gewesen, was ich gewollt hätte: die engmaschige Kontrolle meiner Mutter. Es reicht doch, wenn sie den Stundenplan der Schule einhält. Klar machen Ämtlis auch Sinn, aber die kann man so einteilen, dass sie sie dann machen kann, wenn sie Lust hat bzw. zumindest eine gewisse Freiheit hat den Zeitpunkt zu wählen. Und wenn sie nicht zwäg ist, kann man ihr die ruhig auch mal erlassen und ihr signalisieren, dass sie sich auf das Wesentliche konzentrieren soll. Manche Teenager haben auch mal depressive/lustlose Phasen und hadern mit sich, dem Leben an sich und der Schule. Dann wollen sie nicht unbedingt überanalysiert oder von den Eltern bequatscht und auf irgendwelche Dinge angesprochen werden, die Jahre zurückliegen, sondern einfach in Ruhe gelassen. Im Zimmer verkriechen, lesen, sich im Tief suhlen, SMSlen. Nix Mama.
Was ich an deiner Stelle machen würde? Etwas Positives! Macht Herbstferienpläne, sprich mit ihr über etwas Erfreuliches und lass sie alleine brüten. Vielleicht braucht sie genau das. Schick sie doch übers Wochenende zu ihrer Freundin! Oder in den Ferien? Oder ihr ladet das Mädchen ein und macht alle zusammen eine Städtereise mit dem Zug? Ich würde etwas suchen, das ihr SPASS macht.

Ich weiss, vielleicht auch nicht. Ich kenne euch ja nicht.

[Dieser Beitrag wurde 1mal bearbeitet, zuletzt am 14.09.2013 um 09:41.]
taraxacum
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 27.01.2004
Beiträge: 1317
@KlaraM

Danke für deine Rückmeldung.

Du hast etwas falsch verstanden: Nicht ich mache eine Diagnose - die ärztliche Seite hat uns darauf aufmerksam gemacht und (mit unserem Einverständnis) eine entsprechende Abklärung in die Wege geleitet. Da ich absolut keine Ahnung von Epilepsie habe, wollte ich mehr dazu wissen. Die Infos auf der epi.ch Seite erachte ich zum einen als professionell, zum anderen für mich als hilfreich. So konnte ich in ein paar Newslettern stöbern. Aufgrund von Infos daraus konnte ich mir anschliessend ein Bild machen, WARUM ein Arzt auf die Idee einer möglichen Epilepsie kommt. Aber du hast schon recht - vielleicht machen wir uns unnötig Stress. Vielleicht werden wir in ein paar Jahren zurückblicken und sagen - das hätten wir uns alles sparen können.....wir wissen es nicht.

Ja, unsere Pläne icon_smile.gif. Es ist richtig, wir haben Pläne. Möglicherweise tönt es, als sei unsere Familie von morgens bis abends durchgeplant. Natürlich ist dem nicht so. Genau so selbstverständlich ist es, dass wenn es jemandem, aus war für Gründen auch immer nicht möglich ist, z.B. am entsprechenden Abend zu kochen (das ist das einzige fixe am Plan), dass dann ein anderes übernimmt. Man könnte es so beschreiben, als dass wir aufgrund der Planung sehr flexibel sind. Tönt schräg, ich weiss - ich habe aber den Eindruck, dass wir alle sehr, sehr flexibel und spontan sind (wenn ich mit Menschen in meinem Umfeld vergleiche).

Ja ich weiss, dass lustlose Phasen zum Jugendleben dazu gehören. Ich weiss aber auch, dass es nicht normal ist, wenn ein Jugendlicher die Kraft nicht mehr hat, das Bett zu verlassen. Wann der Zeitpunkt da ist, dass die Normalität in ein Verhalten wechselt, dass einer anderen Begleitung bedarf, ich finde genau das die ganz grosse Herausforderung. Und da frage ich mich oft - sorgen wir uns zu fest? Müssen wir mehr?.....ich bin sehr dankbar, habe ich meinen Mann und die Fachpersonen daneben, mit dem ich genau das thematisieren kann. Von daher meine ich, dass wir das eigentlich ganz gut im Griff haben.

Herbstferien: Tochter (und ich) freut sich riesig aufs Lager! Ich bin überzeugt, dass ihr das enorm gut tut.
In den Sommerferien wäre das nicht möglich gewesen, sie hätte schlicht die Kraft dazu nicht gehabt. Sie ist auch jetzt wieder in der Lage, sich an etwas zu erfreuen - auch das war lange Zeit nicht möglich. Sie trifft sich wieder mit Freunden, sie plant Dinge, die später als in 2 Stunden stattfinden. Das ist mega toll!

Wenn ich deinen Text lese, dann meine ich, dass wir genau all diese Dinge tun. Es scheint, als ob wir trotz allem ein ganz alltägliches Leben führen. Und genau das möchten wir ja auch.
Und gleichzeitig hängt halt immer die Frage in der Luft: wie können wir als Familie/Paar uns abgrenzen um immer wieder zu Energie zu kommen?

Wisse immer was du sagst, aber sage nicht immer, was du weisst.