Wieso wird man fettleibig?

Manya
Dabei seit: 30.05.2002
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@tomgirl: Ganz am Anfang habe ich mal geschrieben, dass es ganz selten "richtige" Krankheiten gibt, die Übergewicht verursachen, die sind von der Sache mit der Disziplin natürlich ausgenommen.
Aber das betrifft ja nun mal nur einen winzigen Bruchteil der schwerst Übergewichtigen.

Ansonsten:
Es gibt sicher die Neigung zum Dicksein. Aber zwischen ein bisschen pummelig (und davon reden wir ja hier nicht), und krankhafter Fettsuchts stehen viele Teller Pommes, Liter Eistee u.s.w.

Die Kunst ist auch nicht das Abnehmen,sondern die Ernährungsgewohnheiten. Wer sich einfach nur satt und zufrieden fühlt, wenn er fette Fleischberge verdrückt, wer grundsätzlich den Durst mit Süssgetränken stillt, wer ständig zwischen den Mahlzeiten Schoggi nascht, der nimmt täglich viel mehr Kalorien auf als er verbraucht.
Denn leider verbraucht unser heutiger Lebenswandel sehr wenige Kalorien. Andererseits sind da die verlockenden Essensberge, die uns täglich anlachen, und die wir uns ja auch problemlos leisten können.

Und es ist unheimlich schwierig, seine Gewohnheiten, auch den Blick für die richtige Menge, dauerhaft umzustellen.
Pippilangstrumpf
Dabei seit: 25.10.2007
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manya, ich finde es extrem traurig, dass gerade du als ärztin nicht begreifst, dass man nicht einfach so berge an essen in sich hineinschaufelt, weil man so extrem lust hat, dick zu sein.

dass du nicht erkennst, wie viel leid dahinter steckt. gott sei dank habe ich einen sehr verständigen hausarzt, der mir nicht jedes mal mein gewicht unter die nase reibt, wenn ich wegen einer erkältung zu ihm komme, sondern der mir einfach mal gesagt hat, wenn sie bereit sind, dann bin ich für sie da. DAS hat zwar mein problem nicht gelöst, aber wenigstens fühlte ich mich aufgehoben.
Pippilangstrumpf
Dabei seit: 25.10.2007
Beiträge: 1243
und nein, ich weiss, wie wenig es braucht... und wie ich bereits geschrieben habe, ich hasse mich für alles, was ich mehr esse. aber gerade diese fehlende liebe für sich selbst ist ja ein teil des problems...

wie sonst schon jemand geschrieben hat, sehr viele übergewichtige menschen wissen theoretisch mehr über ernährung als normalgewichtige.
jomoh
Dabei seit: 08.05.2006
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ich verstehe manchmal einfach nicht, wieso dass so wenige Leute einsehen, dass es sich, jedenfalls z.B. bei extremem Übergewicht/Bulimie etc, oft wirklich um eine SUCHT handelt, es heisst ja auch "Fettsucht". Und eine Sucht kann man nicht mit dem Willen steuern, man ist psychisch und physisch abhängig von den Suchtmitteln und hat ein ständiges Verlangen nach ihnen, immer mehr. Das trifft genauso auf Esssüchtige wie auf andere Süchtige zu.

mel: ich finde es sehr mutig, dass du so offen von dir geschrieben hast- auf die Gefahr hin, einmal mehr missverstanden und verletzt zu werden. Ich rede aus eigener Erfahrung: wer glaubt, dieses Problem sei mit Disziplin und ein wenig Diät halten zu schaffen, ist total daneben!! Aussenstehende und Nicht-Betroffene haben oft gar keine Ahnung, was für eine Odyssee an Diäten, Ärzten, Kuren etc Übergewichtige schon hinter sich haben und wieviel sie schon dafür getan haben und sich bemüht haben, um abzunehmen!
Habe dir noch eine PN.
Manya
Dabei seit: 30.05.2002
Beiträge: 1707
@ Pippi: lies mal, was ich weiter unten zur psychischen Komponente geschrieben habe das waren zwar nur ein paar sehr kurz angerissene Gedanken, aber das Thema ist ja auch viel zu komplex.
Dass man man mehr zu dick wird, weil man mehr isst als man verbraucht ist nun mal so. Die Ursachen dafür sind vielfältig.
Gelöschter Benutzer
Wird das Essverhalten denn erst zur Sucht bei Adipositas? Irgendwie waren die Betroffenen doch auch mal nur übergewichtig, zuerst leicht, dann mehr.
jomoh
Dabei seit: 08.05.2006
Beiträge: 204
Nachtrag: besonders verstehe ich nicht, dass es sogar unter Ärzten normalerweise nicht als wirkliches Suchtproblem wie Alkoholismus angeschaut wird- so würde man's vielleicht auch anders anpacken als die üblichen Diätprogramme, Ernährungsberatung, und alles hilft nichts...Eigentlich ist die Schulmedizin ja in diesem Problem oft auch hilflos und kommt nicht mehr weiter... Esssüchtige sind gegenüber dem Essen völlig machtlos, genauso wie ein Alkoholiker gegenüber Alkohol. Auch Verstand und Willen sind machtlos. Aber: man kann etwas dagegen tun! Nur was ist schwierig... Vor allen Dingen braucht es innere Veränderungen, nebst den Ernährungs- und anderen Umstellungen. Und ein lebenslanges Dranbleiben. Ich habe ja auch schon davon geschrieben, mir selber hilft am meisten das Programm von den Overeaters Anonymous, weil das ein Lebensprogramm ist. Daneben mache ich aber auch noch eine Ernährungsberatung, um endlich mal herauszufinden, was für mich ein sinnvoller Essplan ist, sinnvolle Mengen etc.
Vilu
Dabei seit: 18.07.2002
Beiträge: 2006
Die Frage ist ja auch, wieso ziehen manche nicht die Handbremse, BEVOR das Essverhalten krankhaft bzw. zur Sucht wird. Viele waren ja mal mehr oder weniger normalgewichtig. Also irgendwann hat man 10 oder 20 Kilo zuviel, das Essverhalten aber nich nicht krankhaft sondern einfach undiszipliniert oder falsch (fettig usw.). Dann wäre doch noch die Gelegenheit, Stop zu sagen.
Auch ich bin in dieser Situation, habe etliche Kilos zugenommen, sei es vom Alter her (Wechseljahre), weil ich weniger Sport treibe und weil ich einfach ein Schnöiggi bin! Hier ein Schöggeli, dort ein Rädli Wurst... Es summiert sich!
Doch nun habe ich mir ganz klare Grenzen gesetzt, war heute sogar im Regen joggen. Denn ich weiss, wenn ich jetzt nicht den Rückwärtstrend einläute, dann wird es wohl so herauskommen, dass ich aus Lauter Frust und Hoffnungslosigkeit "Das schaffe ich eh nie mehr" bzw. "jetzt kommts eh nicht mehr drauf an" immer dicker werde. Und das will ich auf keinen Fall!
Und jetzt seid doch einfach mal ehrlich! Es ist in den allermeisten Fällen eine Disziplinfrage! Auch wenn das weh tut zu Hören, es ist doch so!
Meine beste Freundin ist stark übergewichtig, ich hab sie trotzdem riesig gerne, aber ich sehe auch bei ihr - Pommes Frittes gehören einfach zu jedem Menu, und wenn eigentlich Reis angeboten wird, sie will Pommes statt Reis dazu. Auch zu Hause ist die Fritteuse DAS Kochgerät. Und sie weiss selber am besten, das das nicht gut ist.

Dann fehlt die Bewegung weil es schwerfällt oder weil man sich im Badkleid schämt usw. Die psychischen Probleme kommen bei vielen auch erst WEIL sie so übergewichtig sind.
Viele Leute haben ihre Bürde zu tragen, viele haben ein Leben lang daran zu tragen und zu "gnagen", aber nicht alle werden essgestört und dick oder magersüchtig usw.
Wenn es einfach wäre, wäre ich auch schlank, ich weiss also wovon ich rede. Und trotzdem bleibe ich bei meiner Meinung, dass 90% aller Übergewichtigen sich ihre Körperfülle ganz einfach angefuttert haben und sich zu wenig bewegen.

Ein anderes Thema ist natürlich der Umgang mit dem Thema bzw. den Menschen, die nicht die Idealfigur haben. Ich thematisiere es mit meiner Freundin nicht von mir aus, nehme sie seit 35 Jahren wie sie ist. Wenn sie drüber reden will, ist auch gut, und sonst haben wir gaaanz viele andere Themen zum bequatschen.

Leben und leben lassen
jomoh
Dabei seit: 08.05.2006
Beiträge: 204
me too: nein, es kann schon vorher eine Sucht sein! In der Selbsthilfegruppe, in der ich bin, gibt es Normalgewichtige, Über- und Untergewichtige, alles. Ich selber war bis vor den SS immer normalgewichtig, und habe trotzdem seit 20 Jahren diesen Esszwang, in der Pubertät mit Essanfällen, später zwanghaftes Naschen den ganzen Tag, Zuckersucht, v.a. Schokolade.
Und es ist schon so, wie du schreibst: oft beginnt es wirklich mit Normalgewicht, dann leichtem Übergewicht und dann immer mehr, und die Sucht wird tendenziell je länger desto schlimmer.
Manya
Dabei seit: 30.05.2002
Beiträge: 1707
@johmoh: aber sind auch die meisten Adipösen in der Lage, das so zu sehen? Sind sie bereit dazu zum Psychiater zu gehen?