film "matrix" für 10jährige?

Gelöschter Benutzer
es ging übrigens nicht darum, dass ich ihnen matrix zeigen möchte, sondern dass sie ihn schon gesehen habe, und ich das gar nicht toll finde, mich aber fragte, ob ich das zu eng sehe. meine kinder fanden ihn nicht schlimm. hust
bubble36
Dabei seit: 31.01.2003
Beiträge: 730
Was ich für mich bedenklich finde, ist, dass ein solcher Film ja sehr realistisch wirkt. Märchen sind ja gezeichnet, oder wie Jelena sagt, macht man sich eigene Bilder. Da ist noch viel Spielraum für eigen Fantasie, oder " Das gibts ja nur im Film"
In all diesen "neuen" Filmen mit Speciaeffects wirken Menschen, Monster und sonstiges ja sehr real und lebendig.
Können Kinder das wirklich unterscheiden, oder denkt sich ein 10jähriger nachts doch: " Diese Spinne kann durch meinen Bauchnabel in mich hinein..." Vielleicht halten einige Kinder dann einfach die Klappe, weil sie schlicht überfordert sind und/oder lachen darüber.

Matrix habe ich übrigens erst nach dem 3. mal verstanden

Meine Kinder dürften das nicht schauen, nicht mal mein 14 jähriger.
lamale
Dabei seit: 14.06.2010
Beiträge: 334
Ich bin zwar keine Märchenexpertin, aber wir hatten ein Semester lang in der Didaktik und in Deutsch das Thema Märchen. Märchen sind immer von Grimm, alle anderen, z. Bsp. Hans-Christian Andersen, sind Kunstmärchen. Der Begriff "Märchen" ist somit könnte man sagen geschützt. So brutal die Märchen auch sind, sie sind der emotionalen Entwicklung der Kinder angepasst. Es geht um Spannung und Entspannung, eine unheimliche Situation in dem Wissen auszuhalten, dass alles wieder gut wird, im Rollenspiel in Rollen/Persönlichkeiten schlüpfen, die man vielleicht gerne wäre. Es gibt sehr scheue Kinder, die beispielsweise sehr gerne die Rolle der Hexe spielen, oder stille Kinder, die in die Rolle des Bösewichts schlüpfen, ängstliche Kinder, die gerne mal ein Bösewicht sein wollen.
Wichtig bei Märchen ist, dass man niemals mittendrin aufhört mit erzählen und dass man das selbe Märchen immer wieder erzählt. Ausserdem ist es wichtig, dass man das Märchen immer genau gleich erzählt, denn das ist für die Kinder sehr wichtig. Die Sprüche, die immer wieder vorkommen (meistens 3 Mal) sind wie die magischen Zahlen 3, 7 und 12 von zentraler Bedeutung. Meine Tocher wollte erst immer wieder das Märchen vom Froschkönig hören, als sie knapp 3 Jahre alt war. Dann, nach ca. einem halben Jahr wollte sie von sich aus ein anderes, und dann war es Abend für Abend "Der Wolf und die 7 Geisslein". Der Körperkontakt war für meine Tochter bei den schlimmen Szenen sehr wichtig. Irgendwann hatte sie die Märchen verinnerlicht und verlangte von sich aus ein anderes, wenn sie so weit war.
Märchen sind etwas wunderbares und ich freue mich sehr auf die Winterzeit, wenn ich mit den Kindern im Windergarten in eine Decke gekuschelt vor dem Kaminfeuer Märchen erzählen kann. Märchen sollten nie mit Büchern erzählt oder im TV geschaut werden. Es ist wichtig, dass die Kinder ihre eigenen Bilder zu den Märchen machen können.$
So, mehr fällt mir auf die Schnelle nicht ein...

LG, lamale
watoto
Dabei seit: 13.02.2006
Beiträge: 134
@lamale
so hab ich es vor 20 jahren im semi auch ungefähr mitbekommen.
im kindergarten hab ich auch immer die zwei welten getrennt. wir sind durch ein märlitor ins märliland und danach wieder durch dasselbe tor hinaus, damit ganz klar getrennt werden konnte von realität und märliwelt.

ich weiss nicht, ob all diese prinzipien von "echten märchen" ( eben grimmmärchen) auch in den filmen der heutigen zeit aufgehen würden.

ich muss aber anmerken, dass ich von matrix keine ahnung habe. (mädchenmami) aber einen film, der für 16-jährige freigegeben ist meiner 10-jährigen tochter zu zeigen, käme mir gar nicht in den sinn.

wir hatten übrigens ein ganzes jahr lang das fach "märli" bei einer frau, die wirklich wie eine märlitante aussah und ihr leben für die märchen lebte. aber ich müsste in meinen unterlagen wieder nachschauen um mehr darüber berichten zu können.
melli
Dabei seit: 03.01.2005
Beiträge: 780
Matrix für 10-jährige? Nein, nie!
Harry Potter ist dann schon noch etwas anderes. Obwohl ich einem 10-jährigen vielleicht die ersten beiden Filme zumuten würde. Alles was danach kommt ist wohl frühstens ab 12.
Gelöschter Benutzer
vielen dank lamale und watoto für den märchenpädagogischen input. ich finds noch interessant und werde mich noch weiter reinwühlen, was ich suchte war eher diese richtung:

Sehr viele Eltern sind nicht bereit, ihren Kindern zu sagen, daß vieles, was im Leben nicht richtig ist, seine Ursache in unserer Natur hat, in der Neigung aller Menschen, aus Zorn und Angst aggressiv, unsozial, egoistisch zu handeln. Unsere Kinder sollen vielmehr glauben, alle Menschen seien von Natur aus gut. Kinder wissen aber, daß sie nicht immer gut sind; und oft, wenn sie es sind, wären sie es lieber nicht. Dies widerspricht dem, was sie von den Eltern hören, und auf diese Weise kann ein Kind in seinen eigenen Augen zum Ungeheuer werden.

In unserer Kultur besteht die Neigung, besonders wenn es um Kinder geht, so zu tun, als existiere die dunkle Seite des Menschen nicht. Sie verkündet einen optimistischen Fortschrittsglauben. Von der Psychoanalyse erwartet man, daß sie das Leben leicht machen solle, aber dies war nicht die Absicht ihres Begründers. Ziel der Psychoanalyse ist es, dem Menschen zu helfen, das Problematische des Lebens zu akzeptieren, ohne sich davon besiegen zu lassen oder in eine eskapistische Haltung auszuweichen.

Genau diese Botschaft vermittelt das Märchen dem Kind in vielfältiger Weise: Der Kampf gegen die heftigen Schwierigkeiten des Lebens ist unvermeidlich und gehört untrennbar zur menschlichen Existenz, wenn man aber nicht davor zurückschreckt, sondern den unerwarteten und oft ungerechten Bedrängnissen standhaft gegenübertritt, überwindet man alle Hindernisse und geht schließlich als Sieger aus dem Kampf hervor.

(..)

Es ist charakteristisch für das Märchen, daß es ein existentielles Dilemma kurz und pointiert feststellt. Das Kind befaßt sich also mit dem Problem in seiner wesentlichen Gestalt; eine komplizierte Handlung wäre nur verwirrend. Das Märchen vereinfacht alle Situationen. Seine Gestalten sind klar gezeichnet; Einzelheiten werden nur erzählt, wenn sie sehr wichtig sind. Die Charaktere sind nicht einmalig, sondern typisch.

Im Gegensatz zum Inhalt vieler moderner Kindergeschichten ist im Märchen das Böse so gegenwärtig wie das Gute. In fast allen Märchen sind Gut und Böse in bestimmten Figuren und ihren Handlungen verkörpert – so wie Gut und Böse auch im Leben jederzeit gegenwärtig sind und wie der Hang zu beidem in jedem Menschen liegt. Gerade diese Zweiheit verursacht das moralische Problem und erfordert den Kampf um seine Lösung.

Das Böse ist nicht ohne Faszination – es wird zum Beispiel durch die Kraft des Riesen oder Drachen, die Zauberkunst der Hexe oder die Allwissenheit der Königin in >Schneewittchen< symbolisiert –, und oft gewinnt es vorübergehend die Oberhand. In vielen Märchen nimmt zeitweilig ein Usurpator den Platz ein, der rechtmäßig dem Helden zukommt. Nicht weil der Bösewicht am Ende bestraft wird, trägt die Lektüre von Märchen zur moralischen Erziehung bei – obgleich das auch dazugehört. Im Märchen wie im Leben wirkt Bestrafung oder Angst davor in begrenztem Maße abschreckend. Die Überzeugung, daß sich das Verbrechen nicht auszahlt, ist ein wirksameres Abschreckungsmittel, und aus diesem Grund unterliegt der Böse im Märchen am Ende immer. Nicht die Tatsache, daß die Tugend am Ende siegt, fördert die Moral, sondern daß der Held für das Kind am attraktivsten ist. Das Kind identifiziert sich mit dem Helden; es durchleidet mit ihm alle Mühen und Wirrsale und triumphiert mit ihm, wenn die Tugend schließlich belohnt wird. Diese Identifikation vollzieht das Kind von sich aus; die innere und äußeren Kämpfe des Helden bilden seine Moral.

Die Gestalten im Märchen sind nicht ambivalent, also nicht gut und böse zugleich, wie wir alle es in Wirklichkeit sind. Da aber Polarisierung den kindlichen Geist beherrscht, hat sie auch im Märchen Vorrang.

http://kindergeschichten.wordpress.com/2007/12/13/das-marchen-und-das-existentiale-dilemma-b-bettelheim/