Als Erstklässler hast Du keine Chance. Von tausend Müttern ist vielleicht dreien bewusst, dass es zu ihrer Zeit um den 20er-Raum mit Einblick am Schuljahrsende in den 100er-Raum ging.
Schon in ihrem Mathebuch brachte man ihnen die 20 Zahlen mit 100 oder 200 verschiedenen Darstellungen und x verschiedenen Aufgabenvarianten bei. Einfache Dinge hundertfach zu tun macht sie alles andere als einfach.
Als ich als Sonderschullehrer anfing bekam ich eine 2.Klasse L - da geht es nach 1 Jahr im Zahlenraum 1 - 6 endlich in den 20er-Raum. Nach wenigen Wochen sagte ich meinen 10 Schülern: "Das muss Euch doch langsweilen" und schlug ihnen vor, ich zeige ihnen zu 100 % auf mein Risiko, dass sie alle schwere Aufgaben aus der 4.Klasse Grundschule können: Addieren von Millionenbeträgen.
Nach einer halben Stunde konnten meine 10 Sonderschüler, die sich gerade erst ein Jahr lang mit den Zahlen 1 bis 6 herumquälen lassen mussten, alle beliebig viele Millionenbeträge richtig addieren. Sie wollten gar nicht mehr aufhören damit und rechneten zu Hause noch bis zu 10 Aufgaben mit je bis zu 10 richtig addierten Millionenbeträgen. Die Geschichte und noch zwei weitere kann man hier lesen:
http://www.schulen-der-zukunft.org/bibliothek/berichte-interviews.
Ich hatte nur an ganz wenigen Beispielen einmal gezeigt, wie man die Zahlen und den Zehnerübergang richtig aufschreibt. Rechnen eingeochst, wie das in der Schule so oft geschieht, hatte ich überhaupt nicht. Damit möchte ich ein Kerngesetz des Lebens und der Ich-kann-Schule zeigen, an dem die Pädagogik regelmäßig scheitert:
Probleme erscheinen nur als Sachprobleme; sie sind immer persönliche Probleme.
Das bedeutet für die Praxis: Wenn ich für Persönlichkeitswachstum sorge, dann wird der Mensch dem Leben und seinen Aufgaben gewachsen und fühlt sich ihnen auch gewachsen. Dann lernt er a) begierig und b) sehr schnell und c) in bester Qualität.
Ich meine, wenn wir nur immer Hilfen für unsere Kinder suchen, hat das nicht nur einen fürsorglichen Aspekt. Es zeigt auch, wie sehr wir selbst immer noch in der Hilflosigkeit unserer Kindheit befangen sind.
Jetzt hätten wir die Chance, a) die Kinder noch besser als uns in ndie gewohnte Abhängigkeit einzuüben oder b) mit ihnen selbst erste Schritte einer Einübung in die Souveränität zu üben.
Guten Erfolg!
Franz Josef Neffe
"Wenn ich Sie in dem Irrtum lasse, dass ich es bin, der Sie gesund macht, dann mindere ich Ihre Persönlichkeit!" Émile Coué