Integrative Schulform - die andere Seite

smaragd*
Dabei seit: 17.08.2010
Beiträge: 426
...und diese Frage kann man noch weiterziehen: Wird unsere Gesellschaft noch Individuen gerecht, die nicht der gewollten Norm entsprechen? Solche scheinen eher unerwünscht zu sein icon_frown.gif
Co71
Dabei seit: 26.02.2006
Beiträge: 241
Ich frage mich gerade, wie der Unterricht wohl vor 50 Jahren in einem Bauerndorf ausgesehen hat, wo 50 Schüler aus 3,4,5 Jahrgängen in einem Schulzimmer sassen mit einer Lehrperson...

Oder etwas weniger lang her 1983 bis 1986 sass ich mit 19 anderen während 3 Jahren vor demselben Lehrer (daneben gab es nur noch eine Handarbeitslehrerin und einen Schwimmlehrer). Das war schon die Zeit, als es keine Schläge mehr gab im Schulzimmer, und unser Lehrer hat bis zu seiner offiziellen Pensionierung gearbeitet.

Was ist eigentlich passiert ?
fisi
Dabei seit: 05.04.2007
Beiträge: 4066
offenbar hat sich die grenze zwischen "anpassen" und "individualität" verschoben - massiv.

Der Vorteil der Klugheit besteht darin, daß man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger.
Ces
Dabei seit: 14.06.2008
Beiträge: 27
Mein Chef erzählte mir einmal folgendes: Seine Tochter ist ganz leicht geistig zurückgeblieben. Sie besuchte die ersten drei Schuljahr in einer Regelklasse eines kleinen Dorfes. Sie hatte immer sehr Mühe und war oft gefrustet weil sie einfach nicht recht mitkam. In der Mittelstufe wurde sie dann in die Kleinklasse geschickt. Sie war total happy und machte den Knopf auf und fand es super, dass sie nicht immer die Letzte und "Schlechteste" von der Klasse sei.
Vielleicht finden es ja auch die ISF/ISS-Schüler nicht immer nur supi integrativ geschult zu werden.
Ich bin aber auch der Meinung, dass heute viel zu viel "gesucht" wird und praktisch an jedem zweiten Kind etwas nicht der Norm (heutigen Norm) zu entsprechen scheint. Aber die ganze Förderlehrerschaft muss ja schliesslich auch beschäftigt werden ........
dude
Dabei seit: 20.05.2003
Beiträge: 1275
Wird hier jetzt nicht falsch gemischelt. Ich meine, dass Frau Aeppli im Kanton Zürich abgeschmettert, respektive kurz vor Einführung anfangs August alles abgeblasen wurde mit der Integration von geistig und körperlich behinderten Kindern. Die Integrative Förderung im Kt.Zürich meine ich ist von Kindern aus der Einführungsklasse ADHS. Habe ich da was falsch mitbekommen?

You can judge the character of a person by the way they treat those who can do nothing for them
dude
Dabei seit: 20.05.2003
Beiträge: 1275
Einführungungsklassen und ADHS sollte es heissen

You can judge the character of a person by the way they treat those who can do nothing for them
Shanti
Dabei seit: 30.04.2010
Beiträge: 1489
Ich frage mich, in welchen Therapien ich mich wiederfinden würde, wäre ich heute Kind. Ich sass zu Primarschulzeiten ständig vor der Tür statt im Klassenzimmer, ich war sportlich absolut uninteressiert und eine lahme Ente, die vom Lehrer ausgelacht wurde, ich schaffte es nicht, in der Handarbeit nur eine Minute still zu sitzen ohne zu sprechen, hatte immer am längsten beim Stricken und alles war klein und tooootal eng gestrickt, ich hasste Schule auch später und spielte so meine Spiel in der Oberstufe... und dass alles absolut therapiefreu, weder Logopädie, Psychomotorik, Ergotherapie noch sonst was wurde vorgeschlagen. Ob ich das nachholen sollte??? icon_biggrin.gif

Kinder sind heute Schubladenprodukte. Es gibt für alles eine Norm, die nicht am Wesen des Kindes orientiert, sondern an "so soll man sein, um zu genügen". Ich sehe das nicht positiv.

Der Weg ist das Ziel
jeruscha
Dabei seit: 30.12.2003
Beiträge: 1196
@Co71

das frage ich mich auch, was da passiert ist....
Unser Sohn, damals Erstklässler, hochbegabt, Asperger-Autist, hätte sehr gerne die Klasse übersprungen.
Deshalb kam es "zum Gespräch in grosser Runde", Lehrerin, Schulpsychologe, Eltern, Schulpräsident: die Lehrin beschrieb das Verhalten unseres Sohnes: er strecke oft auf, wenn er das tue, dann mit geradem Rücken, hochgestrecktem Arm, er zapple nicht, rutsche nicht auf dem Stuhl, er rufe nicht drein, er warte bis er dran genommen werde.
Meine elterliche Brust schwoll vor Stolz auf meinen wohlerzogenen, reifen Sohn, die "Fachleute" hingegen zogen lange Gesichter und erklärten uns verblüfften Eltern, dass unser Sohn in der heutigen Gesellschaft keine Chance habe, kein Durchsetzungsvermögen, kein "Ellenböglen".

Seine Restschulzeit in der dortigen Schule war entsprechend schlimm, für ihn. Nun besucht er in Deutschland ein traditionelles Gymnasium, es wird aufgestanden wenn der Lehrer ins Zimmer kommt, es wird aufgestreckt, es gibt Disziplin, Respekt, auch untereinander, Mobbing wird geahndet. 30 quietschlebendige, fröhliche (mittlerweile pubertierende) Schüler und mehr in einer Klasse und es funktioniert besser als in der Dorfschule mit 6 bis 12 Schülern.

An unserem jetzigen Wohnort wird intensiv integrativ gearbeitet, dennoch gibt es weiterhin EK, Sprachheilschule usw. Ich finde in den Klassen meiner beiden jüngsten Söhne läuft es mit der integrativen Schulform super, zumindest wäre meinen Kindern noch nie etwas Negatives aufgefallen.
Gelöschter Benutzer
@shanti
Also warst du ein Störefried - heute gings nach Meinung einiger hier, sofort ab in die Kleinklasse, danach Anlehre und Arbeiten in einer geschützen Werkstatt......

Das ist genau der Punkt, den ich bei den vielen Meinungen contra integrativen Unterricht nicht verstehen kann. Was soll den aus ausgeschlossenen Kindern später werden? Wieso sind die Lehrer plötzlich so Warmduscher und fühlen sich durch ein störendes Kind gleich total gestresst? Hat ein Lehrer nur noch Muse für ein vollangepasstes schubladenpassendes Kind?
Shanti
Dabei seit: 30.04.2010
Beiträge: 1489
New Murmi, ich habe mir nun meine eigene geschützte Werkstatt eingerichtet icon_biggrin.gif

Der Weg ist das Ziel