Langsamer Schüler - Integration möglich ?

GabrielaA
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 18.10.2002
Beiträge: 5446
Ich melde mich wieder mit einem neuen Thema:
Habe ja erzählt, dass unser Jüngster eine 2 wöchige Schnupperzeit absolvieren darf. Damals fragte ich im Forum nach, ob ich ihn am ersten Tag begleiten darf.

Nun ist die Hälfte der Zeit vorbei. Er geht sehr gerne in "unsere" Schule, ist sehr glücklich. Er erzählte mir, dass er etwas langsamer arbeite, als die Kameraden (die meisten), was mir auch die LP bestätigte.

Nun gefällt es ihm aber so gut, dass er gestern Abend geweint hat und sagte, er möchte am liebsten nur noch hier zur Schule.

Wenn, dann wäre das erst ab Sommer möglich. Ja, wenn überhaupt. Ich denke, die Schule ist nicht unbedingt "begeistert", einen langsameren Schüler aufzunehmen, Integration bezieht sich "nur" auf Kleinklassen Kinder von hier, und auch da seien LP's und SL nicht unbedingt glücklich darüber.

Hat jemand von Euch Erfahrung, mit Schülern, die etwas langsamer arbeiten, jedoch in die "normale" Schule gehen ? Vom Schulstoff her habe ich nicht das Gefühl, er sei hintendrein. Doch er überprüft seine Antworten auch immer wieder, überlegt länger, etc.

Haben Ende Woche ein Gespräch, wo alles besprochen wird. Dann weiss ich mehr, würde mich einfach intressieren, ob es hier Eltern oder auch LP gibt, die mit solchen Schülern Erfahrungen haben.
Happy Teacher
Dabei seit: 04.09.2009
Beiträge: 440
Das kommt wohl immer auch stark auf die Lehrperson an.
Ich habe aktuell einen Nachhilfeschüler (2. Klässler). Er beherrscht den Stoff eigentlich gut, hat seine Taktiken entwickelt, wie er ans Ziel kommt, nur braucht er für die Aufgaben (weil meist noch nicht automatisiert) viel viel mehr Zeit als alle anderen.
Schule und Eltern stellen sich im Moment dieselben Fragen wie du. Klasse wiederholen, damit er Schnelligkeit und Sicherheit bekommt? Mit der Klasse weitergehen, aber die Lernziele dem Tempo anpassen? Es ist bisher noch nichts entschieden.
Was man wissen muss: Das Tempo zieht vor allem in der Mittelstufe 2 ziemlich an, wenn es um Selektion Oberstufe oder Gymi geht.
Ich kann dir nur den Tipp geben, Gespräche zu führen. Innerhalb eurer Familie, mit deinem Sohn, aber auch mit Lehrpersonen, Behörden und den zuständigen Heilpädagogen.
Alles Gute.

Lächle, und die Welt lächelt zurück.
GabrielaA
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 18.10.2002
Beiträge: 5446
@Hoppsala: Danke für Deine Antwort. Bei unserem Sohn ist es so, dass er 10 1/2 Jahre alt ist, das vierte Schuljahr besucht, und in der 3. KLASSE ist.

Bestimmt kommt es auch auf die Lehrkraft an UND auch auf die Schule selber, Schulleitung, Heilpädagogin.

Seine aktuelle (Sonderschule) vertrat bisher die Meinung, er wäre besser dort aufgehoben. Sein grösster Wunsch ist es jedoch seit Beginn der Schulzeit, dass er im Dorf zur Scnule gehen kann. Deshalb "drängte" ich quasi auch auf die Schnupperzeit. Bin ganz überrascht, wie gut es ihm gefällt, wie viel er zu Hause mit mir lernt. Ich habe eher damit gerechnet, dass er sieht, dass "unsere" Schule eben viel strenger ist, als "seine", und er nach der Schnupperzeit motiviert in die Sonderschule zurückkehrt.

Nun hat sich das Blatt gewendet, er ist nicht extrem viel langsamer, braucht rein von der Graphomotorik her schon länger um etwas zu schreiben.

Wie ich oben erwähnt habe, werden wir am Freitag an den "runden Tisch" sitzen und das ganze besprechen. Werde auch anmerken, dass unser Sohn auch dabei sein wird, da es ja schliesslich um ihn geht.

Er kann auch gleich selber mitteilen, wie gerne er in die öffentliche Schule möchte, damit Lehrkräfte und Schulleitung, HP, sehen es ist nicht mein Drängen.

Wir Eltern wollen nur das beste fürs Kind.
Franz Josef Neffe
Dabei seit: 17.11.2006
Beiträge: 1021
Lehrer sein heißt doch nicht Türen schließen sondern Türen öffnen. Genau das ist doch die Kernaufgabe. Als Ich-kann-Schule-Lehrer würde ich es schon als Herausforderung an mich verstehen, das Kind aufzunehmen. Und das ist dann auch kein Formalakt im Terminkalender sondern eine menschliche Entscheidung. Was steht im Wege, schon bei der ersten Begegnung eine Freundschaft mit einem Kind zu eröffnen?
Kein Mensch sehnt sich wirklich nach der Sonderschule; ihre Argumente für sich sind fast immer Papierargumente, sie halten der Wirklichkeit nicht stand. Ich habe das sowohl als Sonderschullehrer erlebt als auch als Helfer, der Eltern und Kindern beim Weg zurück zur Seite gestanden hat. Wie würde denn ein Lehrer sich fühlen, wenn er von seinem Vorgesetzten als Sonderschüler behandelt wird? Das meiste würde in unseren Schulen ganz, ganz anders laufen, wenn Macht und Gewalt anders verteilt wären.
Aus Deinem Bericht lese ich doch, a) dass da in kurzer Zeit schon eine ganze Menge keimt und wächst - bloß aufgrund der Chance, dass man es einmal zeigen darf, und b) dass man die Kräfte, die da selbst so großes Interesse am Wachsen haben, nicht mit dem Rasenmäher auf Norm bringt sondern mit allem STÄRKT, was Wachstum fördert: Achtung, Anerkennung, Bestätigung ihrer Güte, Bestärkung, Bewunderung, Ermunterung, Ermutigung und mehr desgleichen und immer, immer wieder. Und wenn Du Seelen- und Geisteskräfte Deines Kindes auftankst, wenn es schläft, dann wirkt der Kraftstoff, den Du zusprichst, unvermischt PUR. Ich freue mich sehr auf Euren Erfolg.
Franz Josef Neffe

"Wenn ich Sie in dem Irrtum lasse, dass ich es bin, der Sie gesund macht, dann mindere ich Ihre Persönlichkeit!" Émile Coué
GabrielaA
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 18.10.2002
Beiträge: 5446
Lieber FJN. Autosuggestion mache ich fast jede Nacht.
Tja, so wie ich es sehe, wäre es für ihn auch nicht zu schwierig in der öffentlichen Schule, doch ich bin nicht Lehrerin und habe nicht den direkten Vergelich im Arbetsbereich des Kindes - zu den andern.

Zudem bist nicht Du der, der unserem Kind eine Chance geben kann, leider.

Ich hoffe nun ganz fest, dass die Schule auch eine Möglichkeit sieht, ihn aufzunehmen, ihm die nötige Unterstützung, die er auf jeden Fall braucht, zu geben.

Haben morgen Nami das Gespräch und berichte dann, wies war.

Danke all denen, die zugehört haben, mir Mut zugesprochen haben.
lalai
Dabei seit: 12.10.2003
Beiträge: 225
Liebe Gabriela,
kann dir nur von unserer Klasse sagen.
Ab der 3, 4 geht das Tempo rasant weiter, die Schere wird grösser,
Auch bei uns hats 4 ganz langsame Schüler drin.Die Lehrerinn lässt diese oft bis zu 20 minuten länger arbeiten.Würde sie nach Regeln die Tests einsammeln, hätten die oft schon automatisch eine schlechtere Noten.Nächstes Jahtr gibts wieder einen Wechsel.Das Mädchen meiner Freundin hatte grosse Problem, ihr 3. Klasslehrer liess sie auch machen so lange wie sie wollte, in der 4 durte sie das nicht mehr bei einem andern Lehrer.Er sagte , gleiche Schule, gleiche Klasse , gleiche Regeln.Und eigentlich stimmt es .In der 1,2 Klasse mussten sie oft nach Tempo arbeiten, mein Kind hat das so intus.Seine 1,2 Fehler hat er wenn, nur vom pressieren.
Was ich mir schwer vorstelle, braucht er auch die doppelte Zeit bei den Hausaufgaben, da muss ja dein Sohn einen Rieseneinsatz haben, immer so motiviert zu sein,
Landliebe
Dabei seit: 10.06.2008
Beiträge: 106
Wie war es denn am Anfang, also in der 1. und 2. Klasse? Warum ist er in die Sonderschule gekommen? Unsere Lehrerin hat auch gemeint, dass meine Tochter (1. Kl.) nicht so schnell ist, aber noch schnell genug. Ich habe mich dann auch gefragt, wie das dann in der 3. + 4. Kl. wird? Ist er denn ein Verträumter oder warum hast du das Gefühl, warum er nicht so schnell ist. Wie ist das in anderen Bereichen, beim anziehen, rennen, oder wenn er etwas anderes (Freizeit) lernen möchte?
Gelöschter Benutzer
Wenn's nur an der Feinmotorik liegt, dann kann man ev. beantragen, dass er auf einem Computer schreiben darf anstatt von Hand. Ist bei meinem Neffen so. Ich würde auch versuchen, die Situation in der Mittelstufe ins Auge zu fassen. Auch die soziale Situation. Er ist ja doch älter als seine Mitschüler. Wie wird das in der 6. Klasse sein, wenn er bereits pubertiert, die andern noch nicht? Wird es schwierig für ihn, integriert und akzeptiert zu werden? Es ist das eine, der älteste Schüler zu sein. Wenn er aber dann als ältester noch Mühe hat mitzukommen, dann wird es für ihn schwieriger. Es ist sehr schwierig, die richtige Entscheidung zu fällen. Die Regelschule ist nicht immer auch die beste Lösung.

Ich wünsche euch alles Gute und zuerst einmal ein gutes Gespräch!
GabrielaA
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 18.10.2002
Beiträge: 5446
Zur Frage wieso Sonderschule:
Unser Sohn (Jg. Aug. 2010) sprach schon als Kleinkind nichts, dh. keine Babysprache. Auch in den ersten Jahren sprach er nur ein richtiges Wort, Ente. Mit 2 3/4 stellte der KiA eine Entwicklungsverzögerung im Fein/Grobmotorischen Bereich und vorallem Sprachlich. Ab 3 Jährig hatte er dann HP Früherziehung.

Mit 4 J. kam Logo dazu, die HP Früherziehung wurde durch Ergotherapie ersetzt. Da mit 4 1/2 die Sprachentwicklung immer noch stark eingeschränkt war, er sprach inzwischen einige Worte, wurde er in den SprachheilkiGa angemeldet und aufgenommen.

Dort lief alles wunderbar, er machte Fortschritte, sprach Sätze, usw.

Dann kam der Zeitpunkt wo über die Einschulung gesprochen wurde. Wir sahen ihn in der Sprachheilschule, doch die KigÄ wollte ihn nicht mal anmelden, da höchstens etwa 1/3 max. 1/2 der angemeldeten Kinder einen Platz erhalten. Die Logopädin arbeitete damals im Zeka (Zentren für körperbehinder Kinder Aargau), wo er schlussendlich eingeschult wurde (kürze einfach jetzt ab). eine Einschulung in der öffentlichen Schule war mangels Lehrkräften/HP's nicht möglich. Laut SPD hätte er es schaffen können, wenn genügend Unterstützung geboten würde, was damals nicht der Fall war.

Er ging in diese Sonderschule und machte grosse Fortschritte. Einzig die lange Präsenzzeit machte ihm stets zu schaffen (min. 2 Tage à 10 h), das mit 7 Jahren, und auch dass er keinen Schulweg hat, usw. (soziale).

Vor einem Jahr beantragten wir Eltern eine Schnupperzeit in der Regelschule, welche abgelehnt wurde. Dieses Jahr wieder beantragt. Wurde zur SL eingeladen, sie versuchte es mir quasi auszureden (nicht böse gemeint).

Nun ist diese Schnupperzeit fast vorbei. Es gefiel ihm sehr gut. Ich habe nicht das Gefühl, dass er lange braucht für die Hausaufgaben. Ehrlich gesagt, befürchtete ich, dass er mit dem Schulstoff gar noch nicht so weit ist, worin ich mich aber gewaltig getäuscht habe.

Gestern löste er 2 A4 Blätter mit Adjektiven (der .... Himmel, etc.) innert 20 Minuten. Innert 10 Minuten löste er 25 Matheaufgaben mit Division und Mulitplikation.

Was mee too anspricht wegen dem Schreiben, wird wohl schon in Zukunft mal ins Auge gefasst.

Für eine Integration spricht: Er ist absolut motiviert, scheint (aus meiner Sicht nicht gross hinten drein zu sein), ist viel weniger erschöpft, wenn er nach Hause kommt und kann daher nach den obl. Hausaufgaben mal noch was zusätzliches machen. Rein der soziale Aspekt, den kurzen Schulweg, usw.

Dagegen: Da er motorische Schwierigkeiten hat, kann er z.B. auch nicht so gut zeichnen und turnen, welche ebenfalls für die Promotion zählen, in der Rechtschreibung macht er noch sehr viele Fehler, Arbeitstempo langsamer (wie genau weiss ich nicht).

Ich spüre einfach noch, dass sich "unsere" Schule immer etwas sträubt, "andere" Kinder aufzunehmen. Sie sind schon nicht glücklich, dass Kleinklassenkinder nun in die Regelklasse integriert wurde.

Zusätzlich noch ein Kind mit "Behinderungen" (seine Schule ist ja für behinderte), der mehr Unterstützung braucht ? Das sind evtl. die Gedanken, die aus Sicht der SL gegen eine Integration sprechen.

Werde mal hören, was sie mir erzählen, welche Fakten sie auf den Tisch legen. Ich wollte, dass unser Sohn dabei ist, da es ja schliesslich um ihn geht. Nun ist er zu Beginn kurz dabei, danach "sprechen wir auf erwachsenen Basis", so die Worte der SL.
Franz Josef Neffe
Dabei seit: 17.11.2006
Beiträge: 1021
@ GabrielaA:
Vor einiger Zeit hatte ich ein Gespräch mit einem Schulleiter, der mir zeigen wollte, dass es in schwereren Fällen "mit meiner Autosuggestion nicht geht". Er berichtete von einer Schülerin der 9.Klasse, die beim Ladendiebstahl erwischt wurde und der er helfen wollte. Er sagte ihr, er wolle ihr helfen, könne das aber nur, wenn sie sich helfen lasse. Die Schülerin ließ sich nicht helfen und knallte ihm noch zurück, das sei ja seine Pflicht. Das saß. Er sagte sich: "Da ist nichts zu machen." Und sein kluges Unbewusstes drängte ihn, es auch mir zu sagen. Sein Unbewusstes wusste, wie ich zu solchen Sachen stehe.
Ich musste dem Schulleiter nicht nur sagen, dass er sich von der Schülerin, die ihre eigenen Nöte nicht deutlicher aufführen konnte, als dass sie sie so dummdreist und verletztend aufführte, hatte ins Bockshorn jagen lassen. Ich musste ihm vor allem meine Begeisterung über seine ersten, so goldrichtigen Schritte sagen. Es ist doch gar nicht selbstverständlich, sich für seine Schüler, wirklich ins Zeug zu legen, und er war auch genau in die richtige Richtung gegangen, ihre Talente für eine GUTE Entwicklung herauszufordern. Dafür bin ich seit dem Tag ein Fan von ihm. Und ich habe ihn angefeuert, seinen so wichtigen und richtigen Versuch nicht deswegen aufzugeben, weil ein völlig unreifer Mensch sich nicht beherrschen kann. Letzten Endes geht es doch darum, welche Vorstellung soich durchsetzt: seine von einer guten Entwicklung oder die unreife des Mädchens, mit deren Aufführung sie doch nur zeigt, wie dringend sie so gute Hilfe braucht.
Mit diesem Beispiel wollte ich Dir nur zeigen, wie wichtig es ist, "ganz locker am Ball zu bleiben" und den guten Kräften einfach weiter das zuzudenken, was sie brauchen, um zu reifen und stark zu werden. Wir haben den Vorteil, durch unser Denken die ATMOSPHÄRE verändern zu können. Ich wünsche Dir guten Erfolg.
Franz Josef Neffe

"Wenn ich Sie in dem Irrtum lasse, dass ich es bin, der Sie gesund macht, dann mindere ich Ihre Persönlichkeit!" Émile Coué