Mehr AD(H)S Fälle?

philosophia
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 01.02.2004
Beiträge: 232
Wenn ich hier einige aktuellen Themen betrachte und die vielen Postings dazu, macht mir die Häufigkeit der AD(H)S Fälle langsam etwas Bauchweh. Vor allem weil diese ja den Beigeschmack haben: Betroffene müssen irgendwie korrigiert werden, mit was für Mitteln auch immer. Fragt ihr euch nicht auch, ob da etwas in unserem (Schul-/Gesellschafts-) System nicht etwas gewaltig schief läuft? Sind wir vielleicht etwas PISA geschädigt?! Die Symptome, die jmd. hier beschreibt, treffen zum grossenteil auch auf meinen Sohn zu. Auch bei ihm wurde schon mehrmals ein ADS Verdacht geäussert. Aber sagt: wundert euch es, dass sich ein 8-12 jähriges Kind nicht stundenlang konzentrieren kann? dass es nach 7/8 Lektionen kein Sitzfleisch mehr für Hausaufgaben hat?? Dass seine Aufmerksamkeit häufig woanders ist? Dass es häufig etwas vergisst? Mag ja sein, dass ich selber betroffen bin (wie ich auch schon durch die Blume gesagt bekam). Aber Vergesslichkeit und Konzentrationsprobleme sind immer wieder ein Thema bei mir selbst. Deshalb läuft bei mir das vielleicht unter normale Schusseligkeit. Je grösser der Druck und Anforderungen der Umgebung, desto grösser die Probleme in diesem Bereich. Ich gebe zu, ein 5 Tagex 5-8h Pensum mit vorwiegend Denkarbeit, würde ich selbst heute wohl kaum schaffen (trotz GYM und Fachschule!). Mein Sohn hilft vor allem verständnis, Geduld und Anerkennung. Kann (darf) es nicht einfach sein, dass es Kinder gibt, die schneller überreizt sind, die mehr spüren und dann halt auch eher reagieren? Sind viele dieser Kinder nicht einfach "hochsensibel"? Das bedeutet nicht, dass sie besonders empatisch wären, sondern einfach reizempfindlicher, und deshalb mehr (oft zu viel) zu verarbeiten haben. Diese Kinder brauche vielleicht nur eine andere Umgebung und mehr Verständnis. Mehr dazu unter www.zartbesaitet.at oder www.empfindsam.de . 20% der menschen wären davon betroffen. Das wäre ja nicht wirklich eine AnNormalie! Sollen die alle behandelt werden, dass sie wie die anderen 80% funktionieren??!! Sollten wir da nicht mal nach Alternativen fragen? Und klar gibt es auch Fälle, wo die Probleme immens sind und irgendeine Thearapie ansteht.
Carmen100
Dabei seit: 27.05.2003
Beiträge: 293
Liebe philosophia, du sprichst mir aus dem Herzen! Leider Gottes ist es wirklich so, das diese Diagnose viel zu oft und nicht selten falsch, ausgesprochen wird!
Eine Ärztin hat mir mal gesagt, dass heutzutage viele Kinder viel zu lahm wären, so dass dann andere Kinder schnell als überaktiv eingestuft werden, dabei sind sie nur normale Kinder mit völlig normalen Reaktionen die das Kindesalter mit sich bringt.
Aber die Gesellschaft versucht dies mit allen Mitteln zu unterdrücken. Ja nicht auffallen, ja nicht aus der Reihe tanzen! Furchtbar, schlicht und einfach furchtbar!

Das Glas ist immer halbvoll....
Lahela
Dabei seit: 01.01.2002
Beiträge: 42
Danke Euch für die Ohrfeige die ihr allen betroffenen Kindern und Eltern mit diesem Posting verpasst habt.

Ihr scheint wirklich KEINE Ahnung zu haben was ADHS wirklich bedeutet.
dalai
Dabei seit: 11.02.2010
Beiträge: 33
liebe philosophia
es ist genau das was ich meine!
mich dünkt es auch, bei gewissen eltern,sorry, ist der pegel sehr weit unten. sie sind viel zu fest mit sich selber beschäftigt und verstehen die zeichen der kinder gar nicht mehr.
es kann doch nicht sein, dass ein kind das die erste wochen in die schule geht schon alles nahtlos klappt. die kinder werden einfach überfordert und man fordert auch viel zuviel von ihnen.

bei den erwachsenen gibt das halt mal ein burn-out. eben weil sie schlicht und einfach überfordert sind. der körper mag nicht mehr und man steht neben den schuhen.

mich stört es auch bei den ärzten. das fängt im spital an. hat es eine allergie? dann geht es weiter im kiga und schule. ja hat es denn wirklich nichts? keine allergie kein ads usw. mich dünkt man sucht richtig nach irgendetwas was man therapieren könnte. ich finde das krankhaft.
und jetzt werden mich gewissen eltern am liebsten in der luft zerreissen, aber denkt mal drüber nach!
fisi
Dabei seit: 05.04.2007
Beiträge: 4066
lahela, ich glaube da hast du etwas völlig falsch verstanden.
die themeneröffnerin zweifelt nicht daran, dass die symptome von ads und adhs existieren - sie fragt sich bloss, ob es sich dabei tatsächlich um krankheiten handelt und sie fragt sich weiter, wie sie therapiert werden können. sprich, sie regt an, nicht symptom- sondern ursachenbekämpfung zu betreiben.

wir leben nach dem motto:
was nicht passt, wird passend gemacht.

das schizophrene in unserer gesellschaft ist doch, dass wir auf der einen seite die eigene selbstbestimmung und individualität fast bis aufs blut verteidigen - andererseits aber jene korrigieren/therapieren wollen, die nicht in die schublade passen.
und je nach dem auf welcher seite wir gerade stehen, halten wir deren kelle hoch.

lgt

Der Vorteil der Klugheit besteht darin, daß man sich dumm stellen kann. Das Gegenteil ist schon schwieriger.
sweetsour
Dabei seit: 30.06.2004
Beiträge: 398
@philosophia

ja, da läuft gewaltig was schief. allerdings. kinder, die nicht der "norm" entsprechen, anders sind, müssen abgeklärt werden. weil mit denen stimmt ja was nicht. haha. und wenn sich ein kind nicht schubladisieren lässt, geht man davon aus, dass es eine art von AD(H)S sein muss. ganz einfach. so haben wir das erlebt.

auf der einen seite fordert man die idividualität und auf der anderen seite muss das kind der "norm" entsprechen. gopf! kann es ein kind überhaupt noch recht machen? nur verständlich, wenn es dann rebelliert und eben NICHT der norm entsprechen will!!

Es gibt keine Probleme, nur Herausforderungen
Gelöschter Benutzer
Was mir schief reinkommt, ist, dass man fast einen Grund haben muss, um nicht perfekt zu funktionieren. Es geht nicht mehr primär darum, was nicht funktioniert, es geht immer gleich um Ursachenforschung. Nur wird als Ursache kaum in Betracht gezogen, dass es sich um Kinder handelt, die sich noch entwickeln, die lernen, und dies nicht in allen Bereichen gleich schnell. Aber dieses individuelle Entwicklungstempo, das beim Krabbeln und Laufen lernen meist noch geduldet wird, wird dem KiGa- und Schulkind abgesprochen. Wenn eins nicht gleich organisiert ist oder sich nicht gleich lang konzentrieren kann oder nicht gleich schöne Sünneli malt wie Annabarbara von nebenan, schieben die Eltern gleich Panik. Oder er gibt den Grosseltern nciht brav die Hand beim Besuch oder sträubt sich am Eingang zum Kinderkonzert, während alle andern Kinder strahlen.
Also bitte dann wenigstens ADS, damit man den Verwandten und Bekannten sagen kann: "Er kann nicht anders, er würde schon wollen, er kann sein Potential nicht ausleben, wir haben das schwarz auf weiss, und falsch gemacht haben wir sowieso nichts, das ist genetisch bedingt." Die Kehrseite ist dann, dass den Kindern ohne Diagnose das Recht abgesprochen wird, von der Norm abzuweichen, nicht lenkbar, leistungswillig, freundlich, pflegeleicht, kooperativ, 0815 zu sein.
menuett
Dabei seit: 15.12.2004
Beiträge: 150
ich finde unsere gesellschaft im grossen und ganzen sehr kinderfeindlich. kinder sollen unheimlich viel können und lernen - dürfen aber fast gar nichts.

für die einzelne familie stimmt diese aussage natürlich nicht - aber die familieninterne vorstellung davon, was kinder dürfen und sollen ist von familie zu familie sehr unterschiedlich.

dann kommen die kinder in den kindergarten (sozusagen eine kleine abbildung davon, was die gesellschaft von den kindern erwartet). nun haben wir vom lebendigen, geschickten, walderfahrenen, allesessenden, sich selbst anziehen könnenden, deutschprechenden kind .... bis zum: bisher immer im kinderwagen geschobenen, schoppentrinkenden, windeltragenden, sprachlich absolut nichts verstehnden kind .... eine grosse palette verschieden entwickelter kinder.

die herausforderung ist unheimlich gross für alle - insbesondere für die kinder. einige kinder sind dann regelrecht überfordert und reagieren mit einer entsprechend grosser palette. die kindergartenlehrperson hat's dann auch schwierig - sie hat einen auftrag und muss in irgend einer form handeln, weil sie die kinder für die schule vorbereitet "weitergeben" möchte/muss.

ad(h)s könnte ja bei einigen zutreffen ... aber wohl eher nicht. aber sie wird abklärungen einleiten müssen, unterstützung benötigen etc.

wenn kleine kinder nicht laut sein dürfen, nirgends toben dürfen - dann muss man sie wahrscheinlich im kinderwagen lassen und ihnen zum trost einen schoppen geben. dass sie dann völlig überfordert sind im kindergarten ist klar. dass die normalentwickelten kinder dann allen um die ohren flitzen, nicht still sitzen können, wenn sie immer alles doppelt und dreifach anhören müssen (weil es halt noch immer nicht alle verstanden haben) ist ebenso klar.

irgendwie läuft im moment einfach an einigen orten was schief - und es kann nicht sein, dass kinder dann darunter leiden müssen - weder diejenigen mit entwicklungsverzögerungen und schon gar nicht die "normalen".

von dem her können wir für unsere kinder - falls sie als auffällig gelten - nur eins machen: in die klasse gehen und beobachten, ob das kind dort am richtigen platz ist. der richtige platz ist nicht nur vom kind abhängig, sondern auch vom "rest". wer für sein kind "den richtigen platz" sucht, kann von abklärungen letztlich nur profitieren - es gibt zusätzlich unterstützung fürs kind. die würde ich annehmen. manchmal wirkt ja schon ein wechsel in die parallelklasse "wunder".
menuett
Dabei seit: 15.12.2004
Beiträge: 150
ich finde unsere gesellschaft im grossen und ganzen sehr kinderfeindlich. kinder sollen unheimlich viel können und lernen - dürfen aber fast gar nichts.

für die einzelne familie stimmt diese aussage natürlich nicht - aber die familieninterne vorstellung davon, was kinder dürfen und sollen ist von familie zu familie sehr unterschiedlich.

dann kommen die kinder in den kindergarten (sozusagen eine kleine abbildung davon, was die gesellschaft von den kindern erwartet). nun haben wir vom lebendigen, geschickten, walderfahrenen, allesessenden, sich selbst anziehen könnenden, deutschprechenden kind .... bis zum: bisher immer im kinderwagen geschobenen, schoppentrinkenden, windeltragenden, sprachlich absolut nichts verstehnden kind .... eine grosse palette verschieden entwickelter kinder.

die herausforderung ist unheimlich gross für alle - insbesondere für die kinder. einige kinder sind dann regelrecht überfordert und reagieren mit einer entsprechend grosser palette. die kindergartenlehrperson hat's dann auch schwierig - sie hat einen auftrag und muss in irgend einer form handeln, weil sie die kinder für die schule vorbereitet "weitergeben" möchte/muss.

ad(h)s könnte ja bei einigen zutreffen ... aber wohl eher nicht. aber sie wird abklärungen einleiten müssen, unterstützung benötigen etc.

wenn kleine kinder nicht laut sein dürfen, nirgends toben dürfen - dann muss man sie wahrscheinlich im kinderwagen lassen und ihnen zum trost einen schoppen geben. dass sie dann völlig überfordert sind im kindergarten ist klar. dass die normalentwickelten kinder dann allen um die ohren flitzen, nicht still sitzen können, wenn sie immer alles doppelt und dreifach anhören müssen (weil es halt noch immer nicht alle verstanden haben) ist ebenso klar.

irgendwie läuft im moment einfach an einigen orten was schief - und es kann nicht sein, dass kinder dann darunter leiden müssen - weder diejenigen mit entwicklungsverzögerungen und schon gar nicht die "normalen".

von dem her können wir für unsere kinder - falls sie als auffällig gelten - nur eins machen: in die klasse gehen und beobachten, ob das kind dort am richtigen platz ist. der richtige platz ist nicht nur vom kind abhängig, sondern auch vom "rest". wer für sein kind "den richtigen platz" sucht, kann von abklärungen letztlich nur profitieren - es gibt zusätzlich unterstützung fürs kind. die würde ich annehmen. manchmal wirkt ja schon ein wechsel in die parallelklasse "wunder".
Zoe007
Dabei seit: 28.02.2007
Beiträge: 1663
@lahela
Es geht ja eben NICHT um Kinder, die wirklich ADS oder ADHS haben. Es müsste auch im Interesse der betroffenen Eltern sein, dass nur noch seriöse Diagnosen gestellt werden.

Leider gibt es keinen Labortest oder so, der die Diagnose eindeutig bestätigt. Und leider gibt es Ärzte, die auf Wunsch der Eltern die Diagnose ADS oder ADHS stellen.