Nun ja, ich habe in den vergangenen Jahrzehnten nicht nur Rechtschreibmoden kommen und entgleiten sehen. Die überhaupt nichts konnten, wussten es immer am besten. Wenn man als Lehrer in den sog. Prüfungen ausgewählt wird, übernimmt auch keiner eine konkrete Verantwortung für die Wahl. Man muss sich der Prüfung unterwerfen und das Verlangte vorführen. Der Willfährigste wird dabei schnell der Beste. Man darf auf keinen Fall jemand, der in der Hierarchie über einem steht, überbieten - womöglich gar indem man ein Problem löst, dass er nicht lösen kann. So ist von vorneherein dafür gesorgt, dass die größten Flaschen am leichtesten am weitesten nach oben kommen. Damit will ich natürlich nicht sagen, dass es nicht auf allen Ebenen auch fähige Leute gibt. Man findet sie schon, wenn man sucht!
Die gelehrte Bildung kann nicht anders sein wie die Grundstruktur des Bildungsapparates. Dort haben wir wirkliche keine Dummheit ausgelassen. Vom Scheitern wird immer durch die Einführung der nächsten abgelenkt. Zwei Jahre lang soll man seinen Kindern bei jedem Schreibfehler sagen, es sei schon recht. Das soll angeblich wieder einmal der "bessere" Weg, schreiben zu lernen, sein. Die Vertreter dieser Neuerung haben damit natürlich jeder schon mindestens 100 Probleme gelöst. Alle Welt erstarrt in Ehrfurcht und macht alles mit - wie in Andersens Märchen von des Kaisers neuen Kleidern: Alle haben sie Angst, dass sonst herauskäme, dass sie nicht für ihr Amt taugen. Als Ich-kann-Schule-Lehrer erstaunt mich doch noch gelegentlich, was Suggestion mit den Massen zustandebringt. Es ist schon erstaunlich, dass sich tausende Menschen tausende Probleme machen lassen und ihren Beglückern in allem folgen, als hätten die alle ihre Probleme gelöst.
Die Realsatire nimmt durchaus immer wieder einmal noch an Qualität zu. Ich grüße freundlich.
Franz Josef Neffe
"Wenn ich Sie in dem Irrtum lasse, dass ich es bin, der Sie gesund macht, dann mindere ich Ihre Persönlichkeit!" Émile Coué