Überprotektionismus oder Zeitgeist?

Benny451
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 01.02.2016
Beiträge: 17
In den letzten Jahren bekamen immer mehr meiner Freunde Kinder. Manche sind schon ein wenig älter, andere jünger. Ich habe alle lieb, spiele mit ihnen, mime wenn nötig die Prinzessin oder eine Star Wars Figur. Was mir aber auffiel, ist, dass wenn wir raus gehen jeweils gleich Helm (manchmal Hand-, Knie-, Ellgobenschoner) montiert werden.
Selbst für den 30m Weg zum Spielplatz mit einem MicroScooter!
Wie schnell kann ein 4jähriges Mädchen schon werden?

Ich frage mich einwenig was dieser Überprotektionismus soll?
Zu meiner Zeit (Jhrg. 81) wurde man mit 5 Jahren jeweils Mittags - in Begleitung des älteren Bruders - auf den Spielplatz geschickt und musste einfach Daheim sein, wenn es dunkel wurde. Den Weg in den Chindsgi - später Schule - hat man selbst bewältigt - heute werden die Kinder bis vor die Tür im Auto gefahren. Man fiel von Bäumen, vom Velo, vom Skateboard, von den Schlittschuhen etc. - und alles ohne irgendwelche Schoner. Man hatte zwar stets irgendwo, irgendwelche Schrammen und mal ein "Aua". Aber umgebracht hat es uns nicht. Eher dazu, Risiken besser abschätzen zu können.

Wenn ich die heutigen Kinder sehe, denke ich mir, die Eltern würden sie am liebsten in einen riesig grossen Wattebausch einpacken bevor sie vor die Türe gehen. Der/Die Kleine könnte ja stolpern und sich ein "Aua" holen - Weltuntergang!

Klar soll man seine Kinder schützen, aber nicht zu jedem Preis.
Meiner Meinung nach sollten sie - teilweise - ihre Erfahrungen ohne "Netz und doppelten Boden machen.

Was meint ihr dazu?

[Dieser Beitrag wurde 2mal bearbeitet, zuletzt am 09.02.2016 um 04:41.]
Universum
Dabei seit: 13.05.2013
Beiträge: 1515
Und früher haben wir um diese Zeit geschlafen und nicht in Foren geposteticon_lol.gificon_lol.gificon_lol.gificon_lol.gif

Versprich nichts, wenn Du glücklich bist.
Antworte nicht, wenn Du wütend bist
und triff keine Entscheidungen wenn Du traurig bist.

Autor unbekannt.
RenaW
Dabei seit: 06.10.2005
Beiträge: 1792
Na ja, so "ungefährlich" war es teilweise auch wieder nicht. Damals kannten wir es in unserem Dorf nicht anders als im Winter Morgens im Dunkeln auf der Durchfahrtsstrasse ohne Beleuchtung und ohne Trottoir zur Schule zu müssen. Welch Wunder das da nie was passiert ist und die schlimmsten Unfälle tagsüber im Hellen passiert sind.
Die Kinder mit dem Auto zur Schule fahren muss nicht sein, schliesslich sollen sie ja den Umgang mit dem Verkehr auch lernen und selbständig werden. Nur einen Helm für s Fahrrad schadet sicher nicht (hab da selber einschlägige Erfahrungen gemacht und war froh den Helm auf dem Kopf gehabt zu haben).
Globi
Dabei seit: 30.07.2008
Beiträge: 2774
Was ist daran tragisch, wenn ein kleines Mädchen auch für kurze Strecken den Helm anzieht? Was sie sich so angewöhnt, wird später eher beibehalten. Und es würde den grösseren und vor allem Erwachsenen gut anstehen, sich bei Velo, Skater, etc. auch zu schützen.

Und von wegen früher war.... Ja genau. Da sind diverse Kinder verschwunden und zum Teil wurden noch nicht mal mehr die Knochen gefunden!!! Ich kann mich noch gut an die Vermisstmeldungen im Radio errinnern!!!! Sowas prägt. Und besser wurde das mit den Perversen Leute auch nicht.

Zudem: Wo früher viel Platz für Spiel und Abendteuer war, sind heute Strassen, Häuser und Anwohner, die am liebsten gar keine Kinder um sich hätten.

Dann werden ja in Schulen die Kletterstangen abmontiert. Weil zu diskriminierend für die Kinder, die nicht klettern können. Und so können auch keine Eltern mehr auf Lehrer losgehen, sollte ein Unglück geschehen.

Was definitiv besser war: Die Kinder durften, mussten zu Fuss in die Schule!!! Die Unsitte mit dem hinfahren sollte man abstellen können - nur schaffen das die Schulen leider nicht.
KlaraM
Dabei seit: 01.03.2013
Beiträge: 1770
Ja früher, da war alles besser. Da brauchten die Autofahrer auch noch keine Airbags oder Notbremssysteme, ja noch nicht mal Gurten waren Pflicht. Auf der Rückbank hatten locker 4 Kinder Platz in einer Reihe.
Die guten alten Zeiten.
KlaraM
Dabei seit: 01.03.2013
Beiträge: 1770
"Globi" schrieb:

Was definitiv besser war: Die Kinder durften, mussten zu Fuss in die Schule!!! Die Unsitte mit dem hinfahren sollte man abstellen können - nur schaffen das die Schulen leider nicht.


Der Schulweg ist Sache der Eltern. Da kann die Schule nichts machen, ausser an die Vernunft der Eltern appellieren und sie über die Vorteile des selbst bewältigten Schulwegs aufklären. Teilweise wird sogar die Polizei dafür eingesetzt und mahnt Eltern im Bereich einer Schule, dass ihr Verhalten die Gefahr für die andern Schulkinder erhöht, aber solange sie sich ans Gesetz halten, kann man nichts tun.
Globi
Dabei seit: 30.07.2008
Beiträge: 2774
Klara, hast natürlich recht icon_smile.gif Der Schulweg ist Sache der Eltern. Meinte es eher so, dass die Schulen es auch nicht schaffen, Ueberzeugsarbeit zu leisten icon_smile.gif

[Dieser Beitrag wurde 1mal bearbeitet, zuletzt am 09.02.2016 um 10:51.]
Benny451
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 01.02.2016
Beiträge: 17
Bitzli spät, aber hier meine Meinung

@universum: warum denkst du, bin ich um diese Zeit wohl wach?

@RenaW: klar war unsere Kindheit nicht ungefährlich (aber auch nicht gefährlicher als jetzt). Eigentlich ist es ein riesen Wunder, dass wir überlebt haben. Ich musste täglich durch 300m Wald marschieren um zur Schule/Chindsgi zu kommen. Das, und ganz viel Seich den wir damals trieben, haben aber - meiner Meinung nach - effektiv meine Sinne für Gefahr gestärkt.
Einen Helm auf dem Velo zu tragen ist sicherlich sehr gut, obwohl ich persönlich das Velofahren in dem Augenblick aufgeben werde, sollte eine Helmpflicht eingeführt werden.
Was den Verkehr betrifft, sind die Eltern in der Pflicht ihren Kindern das nötige Wissen im Umgang damit beizubringen.

@Globi:

Punkt 1: Das Mädchen ist jederzeit unter Aufsicht und ich laufe in normalem Tempo so schnell, wie sie die 30m meist bergauf bewältigt.
Was ist so schlimm daran falls sie mal umkippt und sich ein "Aua" holt?
Der Mensch weiss sich instinktiv zu schützen.
Sie weint 2 Minuten, lässt den MicroScooter liegen, rennt zum Spielplatz und setzt sich auf die Schaukel. Vielleicht fällt sie nochmals, vielleicht noch ein "Aua"...gleiches Prozedere.
Der Mensch weiss sich instinktiv zu schützen. Sonst wären wir wohl alle nicht hier.

Punkt 2: Ja, Kinder sind verschwunden. Ich bin in direkter Nachbarschaft eines der schlimmsten "Kinderräuber" der 80er/90er aufgewachsen und hatte Kontakt zu seiner komplett traumatisierten Tochter Kontakt. Allerdings sind die Zahlen von Damals und Heute etwa im Gleichgewicht. Heute wird es durch das Internet/Medien einfach wesentlich einfach, solche Fälle unter der breiten Bevölkerung zu verbreiten und schürt natürlich Angst.
Ich möchte da überhaupt nichts beschönigen. DAS IST EIN PROBLEM in der Gesellschaft und wie man sieht, sind wir uns dessen bewusst.

Punkt 3: Ihr Einwand vom Schwund der Spielfläche kann ich auch absolut nachvollziehen. "Hauptsache alles für viel Geld zubetonieren!".
Ich war neulich in meinem Heimatdorf. Da, wo früher mein Bolzplatz war, ist nun eine Betoneinöde für Autos, die 3x pro Woche für ein Hockeyspiel kommen. Da besteht auf alle Fälle ein grosser Handlungsbedarf, damit Kinder wieder Kinder sein dürfen. Auf Gras Fussballspielen, sich in Büschen verstecken, Hütten bauen etc.. Gebe ich ihnen vollkommen recht.

Punkt 4: Bin ich auch absolut ihrer Meinung - und wusste ich gar nicht!
Warum sollte man die Kletterstangen abmontieren? Diskrimination von Schwächeren "Damals" und "Heute" wird sich meiner Meinung nach kaum unterscheiden. Es wird während der Schule, immer die Alphas und die Betas geben, ob mit oder ohne Kletterstange. Die Alphas sind sich einfach nicht bewusst das die Betas später vielleicht ihre Chefs sein werden. Kinder wachsen an Erfolg und Niederlage.

Punkt 5: Auch absolut ihrer Meinung!

@KlaraM: Naja...ich weiss nicht wie ihre Eltern mit ihnen autogefahren sind und das Ganze hat eigentlich nichts mit meinem tread zu tun.
Ich war immer angeschnallt und musste bis zum damligen mindest Alter von 7 immer auf dem Rücksitz sein. Das mit den Airbags etc. ist einfach ein technologischer Fortschritt....und ich weiss nicht ganz worauf sie hinaus wollen?
Universum
Dabei seit: 13.05.2013
Beiträge: 1515
Benny: es spiel ja gar keine Rolle WARUM du wach warst. Sondern dass es zu unserer Zeit noch überhaupt kein Internet gab icon_wink.gif. So habe ich das gemeint.

Versprich nichts, wenn Du glücklich bist.
Antworte nicht, wenn Du wütend bist
und triff keine Entscheidungen wenn Du traurig bist.

Autor unbekannt.
KlaraM
Dabei seit: 01.03.2013
Beiträge: 1770
"Benny451" schrieb:


@KlaraM: Naja...ich weiss nicht wie ihre Eltern mit ihnen autogefahren sind und das Ganze hat eigentlich nichts mit meinem tread zu tun.
Ich war immer angeschnallt und musste bis zum damligen mindest Alter von 7 immer auf dem Rücksitz sein. Das mit den Airbags etc. ist einfach ein technologischer Fortschritt....und ich weiss nicht ganz worauf sie hinaus wollen?


Dass unser Sicherheitsbedürfnis sich verändert hat. Das merkt man an den Autos, das merkt man daran, wie man sich schützt. Ich fahre seit zig Jahren nicht ohne Helm Velo und schon gar nicht Ski. Du bist jünger als ich. Meine Mutter hatte in meiner Kindheit einen Mofa-Unfall mit Schädelbruch. Genau, ohne Helm, war damals auch noch nicht Pflicht und heute ganz normal. Die Zeiten ändern sich und wir ändern uns in ihnen (was mich jetzt wahnsinnig an meinen alten Lateinlehrer erinnert icon_lol.gif). Und genauso ändert sich unser Bedürfnis, die Kinder vor Unfällen zu schützen.

Also: Zeitgeist.

[Dieser Beitrag wurde 1mal bearbeitet, zuletzt am 09.02.2016 um 11:51.]