Wie lernen Jugendliche den Moment zu geniessen?

Möwe
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 31.05.2012
Beiträge: 79
Mein Sohn geht in die 8. Klasse und hat seit einigen Monaten Mühe, den Moment zu gniessen. Einfach abzuschalten, das Jetzt zu leben und nicht bereits wieder an die nächste Prüfung, den nächsten Zahnitermin, Konfunterricht etc. zu denken. Mir ist es wichtig, dass er genug Freizeit hat und er weiss, dass Noten und die Berufswahl jetzt wichtig sind, aber es auch noch andere Dinge gibt, die er geniessen soll. Aber ihm fällt das extrem schwer. Gerade jetzt vor den Sommerferien stehen so viele Tests an, die halt nicht gerade unwichtig sind, damit er "sein Ziel" erreichen kann. Er stresst sich im Moment selber noch zusätzlich und steigert sich hinein und kann nicht abschalten und hat das Gefühl, er müsste doch die ganze Zeit, er hat zu wenig etc.
Kennt ihr das bei euren Kindern auch? Was unternehmt ihr dagegen, was hilft euren Kindern?
taraxacum
Dabei seit: 27.01.2004
Beiträge: 1317
Unsere Tochter geht in die 7. Klasse und bringt die Schulsachen kaum auf die Reihe. Sie ist nicht effizient und dadurch immer irgendetwas am erledigen. Seit in paar Wochen arbeiten wir mit einem Plan. Dieser wird am Samstag oder Sonntag für die kommende Woche ausgefüllt. Zuerst trägt sie alle Termine ein (z.b. Zahni, Freizeitsport, Geburiparty,..). Dann trägt sie die Prüfungen ein. Anschliessend "füllt" sie auf, mit Hausaufgaben, auf Prüfungen lernen, etc. Den Plan füllt sie aus, ich unterstütze sie dabei.

Wenn sie den Plan hat, dann hält sie sich gut daran. Das heisst dann auch, dass sie mal aufhört mit einer Prüfung zu lernen, obwohl noch Stoff da wäre. Sie weiss dann - ich habe z.b. 1 Std. gelernt, jetzt habe ich frei. Das funktioniert sehr gut.

An unserer Situation ist jedoch insofern speziell, dass sie im Sommer die Klasse repetieren wird, somit (eigentlich) überhaupt keinen Druck (mehr) hat. Wir versuchen nun, ihr so aufzuzeigen, dass mehr nicht zwingend bessr ist. Sie soll selber lernen einzuschätzen, wie viel Zeit sie investieren kann und will. Resultat daraus ist: Arbeit nach Plan = Entspannung für alle. = bewusste Freizeit. = konzentrierteres Arbeiten. = Entspannung in den Prüfungen. = Notenmässig leichte Verbesserung.

Wisse immer was du sagst, aber sage nicht immer, was du weisst.
Schiefer
Dabei seit: 22.05.2012
Beiträge: 7
Hallo Möwe
Unsere Tochter arbeitet auch sehr viel für die Schule... Wir ermöglichen ihr trotzdem 3x in der Woche Sport - dies ist für sie eine Oase. Zum Abschalten braucht sie das Handy.... Das finde ich doof, aber schlussendlich musste ich einsehen, dass es hilft - ich muss einfach nach einer bestimmten Zeit den Schlusspunkt setzen. Am Wochenende setzen wir immer mal wieder Familienausflüge durch - nach anfänglichem Gemotze / keine Zeit geniesst sie auch das und ist dann gelöst. So kommt sie ohne Stresszeichen durch, hat aber leider keine Lust / Energie für andere Interessen oder Hobbys zu Hause.

Ausserdem würde ich empfehlen, Lernzeiten und Freizeit zu trennen - damit kann dein Sohn das "Hamsterrad"-Gefühl vermeiden. Meine jüngere Tochter fühlt sich auch schneller gestresst - ihr helfen Listen, die man abhaken kann. Zudem die Ansprüche senken - sie soll entscheiden, ob sie noch eine Stunde mehr machen will oder ob es ihr reicht, 80 % zu wissen....

Alles gute!
Franz Josef Neffe
Dabei seit: 17.11.2006
Beiträge: 1021
Genau das, was Du hier monierst, sollte man doch in der Schule zu allererst lernen können: von den Pädagogen, von den Lehrern. Pädagoge + Lehrer sein bedeutet wörtlich "ein begeisterndes, mitreißendes Vorbild für Lernen zu sein". Von wem kann Dein Kind begeistert Lernen lernen? Wieviele Lehrer kommen konkret für diese entscheidende Aufgabe der Pädagogik in Frage?
Haben meine Kollegen nicht in der Regel fast alle auch nur "sich Mühe geben - sich anstrengen - sich erschöpfen und gar nicht wissen, wofür - etwas durchnehmen und gar nicht wissen, warum - ....." zu bieten? Wenn die erwachsenen Vorbilder schon den SINN des Lebens - von ahd. "sinan = der Weg" - verloren haben, wie und wo sollen ihn dann ihre Schüler finden?
Wenn schon der Lehrer nur jeden Tag in eine vorgegebene Schablone hinein geht, um darin vorgegebene Schablonen auszuteilen und nach vorgegebenen Schablonen bearbeiten zu lassen um das nach wiederum vorgegebenen Schablonen zu beurteilen, wo ist da noch die vielbeschworene "Vorbereitung auf das Leben"? Kommen da nicht alle Beteiligten immer mehr und gefährlicher vom Leben weg?
Ich sehe als Ich-kann-Schule-Lehrer die von Euch beschriebenen Auffälligkeiten der Kinder als Warnsignale. Die Überlebensinstanz in den Kindern zwingt sie, die erlebte Schule widerzuspiegeln. Muss man darauf hinarbeiten, dass uns noch deutlicher präsentiert wird, wie verkehrt dioe angewandte Pädagogik ist?
Untersuchen wir doch einmal konkret, was die Kinder ganz nebenbei außerhalb der Schule lernen und welche Qualität das hat. Wenn wir das mit der Qualität des in der Schule gelernten vergleichen, kann dann die Schule noch bestehen? Ich frage mich, warum Eltern zu Hause mit ihren Kindern an der Lösung der Probleme arbeiten, die die Fachinstitution Schule a) offenbar selbst nicht lösen kann und b) auch noch an die Laien abschiebt. Warum bereiten Eltern jeden Tag ihre Kinder für so ein Misserfolgssystem vor? Warum ignorieren alle die Zunahme an Problemen, ja Krankheiten wie Burnout, Depression etc. dadurch? Können wir nicht dankbar dafür sein, dass die Überlebensinstanz in den Kindern dazu NEIN sagt und sie FLÜCHTEN lässt, ehe sie am Ende tot umfallen?
Es ist ja nicht der bewusste Verstand, der die Kinder solcher Pädagogik ausweichen lässt. Es ist das UNBEWUSSTE, die Instanz, die die Lebensfunktionen steuert. Die Pädagogik ignoriert diese entscheidende Kraft einfach. Das beschert uns allen tiefste und umfassendste LERNCHANCEN. Es ist sehr befreiend, wenn man mit den genialen, feinen, sensiblen und alles entscheidenden Kräften im Menschen FEIN umgehen lernt. Ich freue mich auf Euren Erfolg.
Franz Josef Neffe


"Wenn ich Sie in dem Irrtum lasse, dass ich es bin, der Sie gesund macht, dann mindere ich Ihre Persönlichkeit!" Émile Coué