Psychische Gewalt

Dory
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 13.03.2012
Beiträge: 6
Wie definiert ihr psychische Gewalt ?
Wann ist es Fürsorge und 'gut meinen' und ab wann ist es Bevormundung, Dominanz und/oder Unterdrückung ?
Wie sehr darf sich ein Partner einmischen in der Kindererziehung (gemeinsamer Haushalt). Darf der Partner den Kindern ins Gewissen reden und es unter Druck setzen, ohne dass die Mutter ausdrücklich darum bittet ?
Darf der Partner begründet oder nicht, im Zimmer der Kinder rumschnüffeln ?
Wie ist es, wenn der Partner bei der Frau die rumschnüffelt, weil er das Gefühl hat, er wisse nicht über alles Bescheid (es geht nicht um Fremdgehen) ?
Ich kann und will nicht näher in Details gehen. Wer es erlebt hat, weiss, wovon ich spreche. Mich interessiert Eure Meinung.
Danke
Dory
taraxacum
Dabei seit: 27.01.2004
Beiträge: 1317
Gewalt beginnt für mich immer dann, wenn die Grenzen des Gegenübers nicht respektiert/eingehalten werden.

Die Schwierigkeit ergibt sich jedoch dadurch, dass das Gegenüber möglicherweise seine Grenze nicht klar vermitteln kann.
- Für Erwachsene untereinander sollte im gegenseitigen Gespräch möglich sein, die Grenzen klar aufzuzeigen.
- Erwachsene gegenüber Kindern haben immer die Aufgabe, die Grenzen zu wahren. Wenn das Kind die Grenze (noch) nicht benennen kann, so ist es die Pflicht der erwachsenen Person eine realistische Grenze zu respektieren.
- Im Gegenzug sind auch Kinder dazu angehalten, die Grenzen der Erwachsenen zu respektieren.

Wisse immer was du sagst, aber sage nicht immer, was du weisst.
Smile79
Dabei seit: 07.04.2009
Beiträge: 2397
Geht es um Kontrolle?

Kontrolle ist NICHT loslassen,
ein zu viel davon, ist anbinden
ein zu viel davon, ist die luft zum atmen (bildlich gesprochen) abschnüren.

Beziehung ist Bindung, doch in dieser sollte jeder seine eigene Freiheit haben dürfen. Doch wer unsicher ist,in sich und in andere kein vertrauen hat, angst hat loszulassen, bindet noch mehr... und verliert alles.

jeder selbst muss für sich entscheiden, wann der punkt des zuviels ist... es ist bei jedem individuell... für den einten halt... für den anderen erdrückend...
Barcley
Dabei seit: 01.09.2002
Beiträge: 606
Schwer dazu was zu sagen, da jeder seine eigenen Erfahrungen und Gedanken in die Sätze reininterpretiert. Damit ist dann nicht auf deine Situation eingegangen, sondern die eigenen Erfahrungen wurden beschrieben und darauf reagiert.

Grundsätzlich kann ich nur sagen: Wenn ich in einer Partnerschaft lebe und ein Kind mit drin lebt, haben beide das Kind "zu tragen" und damit auch Einfluss. Ich fände es komisch, wenn dann der Partner, dessen Kind es zwar nicht ist, der aber doch auch betroffen ist durch das Kind, diesem nichts sagen dürfte. Das fände ich unnatürlich. Gegenseitiger Respekt, gegenseitige Rücksichtnahme und auch gegenseitige Sorge finde ich wichtig.

Rumschnüffeln - was heisst es, wie weit geht es, ist es schnüffeln oder nur Interesse? Wieso ist etwas verborgen und was ist es, dass jemand schnüffeln muss? Das sind so Fragen, die ich mir stelle... Helfen tut wohl so oder so nur reden - und gemeinsam schauen, was will jeder in dem System und wie kann man das System für alle passend machen.

Never argue with an idiot - They drag you down to their level then beat you with experience
nanny72
Dabei seit: 21.05.2006
Beiträge: 991
gehe ich recht in der annahme, das der partner nicht der vater der kinder ist? aber auch wenn er nur der stifvater ist, ist es sicher richtig, gerade, wenn ihr schon länger zusammen seid und zusammen wohnt, das er eine gewisse verantwortung für die kinder übernimmt.

sicher kann man sagen, rumschnüfeln geht eigentlich nicht, aber wenn es zb den verdacht gibt, das jemand in schwierigkeit ist oder in schwierigkeit geraten könnte, dann ist es sicher besser, wen man sich einmischt.
es gibt situationen wo kontrolle besser ist, als den aussagen des andern zu vertrauen
pluto
Dabei seit: 23.10.2002
Beiträge: 2313
Das kann man kaum mit fixen Grenzen definieren.
Unterhalb der Grenze zur "Gewalt" kommt wie du selber sagst Begriffe wie s Fürsorge und 'gut meinen' und bestimmt noch vieles ähnliches. Danach kommt aber ein gewisser Graubereich, welcher je nach Situation, Häufigkeit, Begründung und weiteren Faktoren entweder eine Überschreitung darstellen kann, oder auch nicht, erst wenn dann eine weitere Grenze überschritten wird, ist es in jedem Fall Gewalt.
Vergleicht man es mit physischer Gewalt kann man es vieleicht mit dem folgenden Beispiel verdeutlichen. Klopft man jemand auf die Schulter so kann das freudschaftlich gut gemeint sein, klopft man ihm alle 10 Sekunden auf die Schulter oder so starkt, dass er sich die Schulter ausrenkt ist es auch Gewalt wenn es Gut gemeint war, das selbe auch, wenn man dies mit einem völlig Fremden tut, weil es eine Überschreitung einer allgemein akzeptierten Gesellschaftsnorm ist.

Der denkende Mensch ändert seine Meinung. (F.N.)
LadyM
Dabei seit: 14.03.2009
Beiträge: 523
Wir hatten erst kürzlich eine Weiterbildung zum Thema "häusliche Gewalt". Die Kursleiterin fragte dann, wo für uns "häusliche Gewalt" beginne. Die meisten sagten dann :"beim 1.Schlag". Sie sagte dann "Nein, bei den Worten:Ich liebe dich, Du gehörst mir". Es war sehr einleuchtend, denn Gewalt beginnt eigentlich dort, wo man in die Privatsphäre des anderen eindringt, sei das mit irgendwelchen Kontrollen jeglicher Art. Es schaukelt sich dann einfach oft hoch, bis zur Eskalation, die dann oft in körperlicher Gewalt endet. icon_mad.gif

Nur sieht die Grenzen halt jeder Mensch etwas anders. Wenn Du Dich aber unwohl fühlst, dann solltest Du das auch offen komunizieren. 😉

Ach ja, helfen tut im Allgemeinen nur ein klärendes Gespräch unter den Betroffenen, auch wenn man das oft nicht sehr gerne macht. icon_cool.gif

[Dieser Beitrag wurde 1mal bearbeitet, zuletzt am 06.06.2012 um 15:41.]

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The Show must go on....
Franz Josef Neffe
Dabei seit: 17.11.2006
Beiträge: 1021
Letztlich geht es nicht darum, wie man dazu sagt, sondern wie man Einfluss gewinnt.
Wie bekommst Du mehr Einfluss a) auf Deine Kräfte und ihre Wirkung, b) auf seine Kräfte und ihre Wirkung und c) auf die Kräfte aller und ihre Wirkung?
Fremde Gewalt beginnt für die allermeisten genau da, wo sie mit ihrer eigenen Ohnmacht und ihrem Unvermögen, mit ihren eigenen Kräften etwas zu erreichen, konfrontiert werden. Die Empörung über das ungerechte Verahlten löst das Problem nicht sondern verstärkt oft auch noch die Ohnmacht. Viele suchen dann Mitstreiter für ihren Club der Ohnmächtigen. Lösen kann man das Problem aber erst, wenn man die Kräfte, die da wirken a) genau wahrnehmen, b) verstehen und c) lenken lernt.
Um auf fremde Kräfte interessant zu wirken und Einfluss zu bekommen, muss man zuerst mit den eigenen Kräften gut umgehen. Wenn die zu schwach erscheinen, brauchen sie erst einmal Stärkung und Pflege. Coués Autosuggestion wäre da ein ganz praktischer Einstieg.
Wenn mich jemand anderer mit seinen guten Kräften schlecht behandelt, sollte ich - wenn ich etwas von diesen Kräften will - sie nicht noch schlechter behandeln als er. Aus diesem Grund unterscheide ich zwischen der Person und ihren Kräften & Talenten, und von letzteren denke ich grundsätzlich gut. Damit bekomme ich Kontakt zu guten Persönlichkeitsanteilen, die der Betreffende oft selbst schon kaum noch kennt. Plötzlich kommen die - durch mich - wieder ins Spiel. Und was sollte er Betreffende dagegen haben, wenn er ständig Vorteile dadurch genießt. Ich verzichte dafür nur auf Druck und überlege mir, was ihn wohin ziehen könnte. Letztlich heißt das, wir tun besser daran, auf Gewalt nicht mit Gegengewalt zu reagieren sondern mit Intelligenz. Und damit ist doch jeder reichlich gesegnet, wir müssen nur Gebrauch davon machen, Guten Erfolg!
Franz Josef Neffe

"Wenn ich Sie in dem Irrtum lasse, dass ich es bin, der Sie gesund macht, dann mindere ich Ihre Persönlichkeit!" Émile Coué
angelface
Dabei seit: 05.11.2005
Beiträge: 411
"LadyM" schrieb:

Wir hatten erst kürzlich eine Weiterbildung zum Thema "häusliche Gewalt". Die Kursleiterin fragte dann, wo für uns "häusliche Gewalt" beginne. Die meisten sagten dann :"beim 1.Schlag". Sie sagte dann "Nein, bei den Worten:Ich liebe dich, Du gehörst mir". Es war sehr einleuchtend, denn Gewalt beginnt eigentlich dort, wo man in die Privatsphäre des anderen eindringt, sei das mit irgendwelchen Kontrollen jeglicher Art. Es schaukelt sich dann einfach oft hoch, bis zur Eskalation, die dann oft in körperlicher Gewalt endet. icon_mad.gif


Es wäre spannend zu erfahren, um welche Art von "Weiterbildung" es ging und in welchem Bereich.Die Position, die sich aus der dort verwendeten Definition ergibt, hätte in direkter praktischer Umsetzung verheerende Wirkung.

Da ich nicht annehme, dass der Satzteil "Ich liebe Dich" als Ausdruck psychischer Gewalt betrachtet wird, dürfte das "Du gehörst mir" das Kriterium darstellen. Dieses aber ohne konkretere Wertung in den Raum zu stellen wäre schlicht katastrophal:
Die verkürzte Form davon wäre nämlich z.B. das doch nach wie vor in der zwischenmenschlichen Kommunikation verwendete "MEIN Mann/Partner/Freund" oder "Meine Frau/Freundin/Partnerin". Es sind genau so Possesiv-Formulierungen wie das "Du gehörst mir".

Ich zweifle jedoch erheblich daran, dass solche Formulierungen im Sinne psychischer Gewalt oder eines unerlaubten Eindringend in die Privatsphäre einer Person gemeint sind.
angelface
Dabei seit: 05.11.2005
Beiträge: 411
@Dory

Mal ganz salopp gesagt: In direkte Verbindung mit Deinem im selben Haushalt lebenden Partner stellst Du Begriffe wie "psychische Gewalt", "Bevormundung", "Dominanz", "Unterdrückung", "Einmischung", "unter Druck setzen" und "rumschnüffeln".

Da stellt sich doch nicht die Frage nach "psychischer Gewalt" oder "wie weit sich ein Partner in die Kindererziehung einmischen" darf. Wenn er Deiner Aufforderung oder ausdrückliche Zustimmung bedarf um den Kindern (wohl zumindest aus seiner Sicht auch nicht ganz grundlos) ins Gewissen zu reden, sind die Fragestellungen völlig andere:

- Wie stellst Du Dir das Zusammenleben einer Patchwork-Familie vor?
- Wie kann es funktionieren, wenn der Partner eigentlich nicht Mitglied er Patchwork-Familie ist sondern eher "nicht teilnahmeberechtigter Mitmieter" ohne Mitspracherecht?
- Auf welcher Vertrauensbasis läuft Eure Beziehung, wenn solche Abgrenzungen bestehen sollen und er "nicht über alles Bescheid" weiss?
- Auf welcher Ebene läuft die Beziehung, wenn Du ihn mit oben aufgeführten Begriffen in Verbindung bringst?

In Deinem Thema finde ich keinen Anhaltspunkt, der mich darauf schliessen liesse, dass Du Dich nicht zu wehren und Deine Positionen zu vertreten wüsstest. Demnach hast Du einerseits die Möglichkeit, Dir die Frage nach Sinn und Unsinn der Beziehung zu stellen, Dir zu überlegen, welche Positionen und Verhaltensweisen sich verändern müssen um zu positiveren Ergebnissen zu kommen. Oder Dir vielleicht auch zu überlegen, ob es einen Partner gäbe, der zu einem Zusammenleben unter Deinen Bedingungen bereit wäre.