Ob die Ehe ein Auslaufmodell ist, weiss ich nicht. Ob Beziehungen heute schwieriger sind als früher, glaube ich nicht.
Von zwei Faktoren (neben vielen anderen) „leben“ aber beide:
Es sind geistige und zum Teil auch romantische Planskizzen und Entwürfe, die auf dem Reissbrett perfekt funktionieren und sich auch sehr angenehm anfühlen. Beide „Projekte“ blenden oftmals einen zentralen Punkt aus:
Die Protagonisten sind alles andere als perfekt und sind nicht im selben Masse planbar. Nicht mal für sich selbst, geschweige denn im Doppelpack. Die entwickeln sich nämlich: Miteinander (im Idealfall), auseinander, gegeneinander, wohin auch immer. Sie entwickeln neue Wünsche, im Idealfall gemeinsame. Oftmals gar nicht gemeinsame. Dann wird’s eben schwieriger.
Raum geben, Zuhören, Ausharren, Hinterfragen, Lösungen suchen etc., das ist alles super, soll auch sein, aber es braucht immer einen Boden dazu. Ist der weg, fehlt auch die Kraft und die Motivation. Der Boden kommt (wenn überhaupt) meistens aus dem geglückten Experiment, Verliebtheit aus der Anfangszeit irgendwie zu Liebe werden zu lassen. Nicht Gewohnheit, nicht Langeweile, nicht Absicherung, wirklich Vertrautheit und Liebe.
Auf diesem Boden ist dann vieles möglich. Dieser Boden ist im Ansatz von Anfang an da für zwei Menschen – oder eben (oft) nicht da. Aber ganz schwer zu erkennen, weil Verliebtheit den Blick vernebelt. Also das Potenzial, über die verliebte Verrückheit der Anfangszeit hinaus, einander etwas geben, für den anderen wirklich etwas sein zu können.
Was ich damit sagen will: Etwas Glück braucht’s auch! Klingt trivial, ist es aber nicht. Liebe lässt sich nicht planen, Vertrautheit lässt sich nicht machen, Lust auf das Gemeinsame lässt sich nicht erzwingen. Klar versuchen alle, in der Beziehung „einen guten Job zu machen“. Genügt aber manchmal nicht, der wirkliche Kitt kommt anderswoher.
Und ist der da, muss man nicht kämpfen, würgen, heilen und krampfhaft am Leben erhalten. Es läuft einfach gut. Auch dann, wenn’s mal Probleme gibt, die sind dann irgendwie lösbar. Fast immer.
Ja, Glück gehabt!