Vater schüttelt Kind... wie weiter?

Anduria
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 15.12.2011
Beiträge: 8
Hallo zusammen

Das Thema könnte in so einige Bereiche passen, am liebsten wäre mir, das Thema wäre gar nicht erst aufgetaucht. Ich weiss gerade nicht weiter und vielleicht muss ich die Gedanken einfach nur mal los werden. Manchmal hat man einfach keine Lust auf die Meinung der Familie und braucht Rat von Aussenstehenden.

Als ich gestern Abend ins Bett ging, war meine 2.5 Wochen alte Tochter noch total friedlich. Sie trank gerade ihren Fencheltee gegen die Bauchschmerzen und da ich so müde war, wollte sich ihr Papa um sie kümmern. Die Kleine Maus wollte halt einfach noch etwas wach bleiben und die Welt um sich betrachten. Ich sag ihm noch, er soll mich wecken wenn sie hunger hat. Sie würde sich wohl in etwa ein bis zwei Stunden melden. Er versichert mir, dass er mich weckt.

Heute morgen um halb neun wache ich auf, schockiert darüber, dass ich kein einziges Mal geweckt wurde. Die Kleine schreit im Wohnzimmer und ich weiss sofort, sie hat hunger. Ich ziehe mir was über, überlege mir noch, ob ich den Pulli im Schlafzimmer anziehen soll, oder direkt ins Wohnzimmer. Es eilt schliesslich, also greiffe ich den Pulli und gehe direkt. Als ich dann im Zimmer stehe, erwische ich meinen Freund, wie er unsere kleine Tochter schüttelt. Ich weiss nicht mehr wie genau ich reagierte. Ich weiss nur, dass ich ihn raus schickte und mich erst um meine Tochter kümmerte. Sie schien in Ordnung zu sein. Unter Schock stille ich sie erst, lege mich dann erstmal mit ihr zwei Stunden hin. Nach einem Alptraum, dass es ihr schlecht geht, setze ich mich an den PC und schaue erst nach, was beim Schütteln passieren kann. Ich habe Angst, rufe den Arzt an und so kommt eines ums andere.

Die Kleine liegt im Krankenhaus und wird beobachtet. Es geht ihr aber bisher gut. Ich vermisse sie so sehr, hielt es aber für das beste, zu Hause zu schlafen, damit ich morgen fit bin. Der Vater ist zu seinem Kumpel, da er mir nicht mehr in die Augen schauen kann.

Man hört so oft von Eltern, die ihr Kind schütteln und wie diese teilweise sogar daran sterben. Niemals würde man glauben, dass so etwas in der eigenen Familie passieren kann. Dem eigenen Kind. Warum sollte ich meinem Freund, den ich doch so liebe und dem ich immer vertraute, so etwas zutrauen? Ja, er hat psychische Probleme, weil er so viel Stress auf Arbeit hatte. Aber dass er jemals seiner Tochter etwas antun könnte? Nie im Leben hätte ich daran geglaubt und doch ist es tatsächlich passiert.

Noch immer denke ich, morgen wache ich auf und alles war ein böser Traum. Dann lache ich mit meinem Freund darüber und liege in seinen Armen. Doch das wird nicht passieren. Ich weiss noch nicht einmal, ob wir uns jemals wieder so vertraut in den Armen liegen können.

Wie geht es nun weiter? Kann ich ihm verzeihen? Darf ich ihm verzeihen? Soll ich? Ich weiss es nicht. Wie verhalte ich mich nun? Soll ich ihn dafür hassen? Kann es noch eine Zukunft geben oder ist mit diesem Fehler alles vorbei?

Wenn ich mich morgen beruhigt habe, werde ich eine Psychologin kontaktieren, schon klar. So einfach werde ich das nicht weg stecken können.

Hat das hier noch jemand erlebt? So eine ähnliche Situation? Wenn ja, wie bist du damit umgegangen? Es mag berechtigt blöd klingen, aber ich liebe meinen Freund noch immer und ein Teil von mir will ihn nicht verlieren. Der andere Teil jedoch, könnte stundenlang auf ihn eintreten und ihn dann zum Teufel jagen. Er war mein absoluter Traummann, der, den ich eines Tages heiraten wollte. Und nun ist daraus ein Alptraummann geworden? Ich bin so verwirrt...

Gott, ich habe so Angst um meine Kleine und ich vermisse sie so sehr. Ich bin wirklich nicht gläubisch und religiös, aber gerade denk ich, es muss da eine höhere Macht geben. Sie hatte so dermassen viel Glück und ich bin so dankbar, dass ich nicht zu spät ins Wohnzimmer bin.

Danke schonmal für die Ratschläge.
mcy
Dabei seit: 10.11.2004
Beiträge: 322
Ich habe nie so etwas erlebt, aber ich kann mir sehr gut vorstellen, wie Du Dich fühlen musst.
Zuerst mal, Du hast gut und instinktiv richtig reagiert, Wenn das Baby eine gute Nacht hatte, dann wird auch nichts nachkommen.
Aber nicht Du brauchst Hilfe (doch, für die Verarbeitung des Schocks) sondern vorallem dein Partner. Niemand ist einfach nur böse zu einem Baby. Was war der Grund, der ihn so weit getrieben hat. Das muss er angehen bei einem Psychiater. Ich bin auch nicht sicher, ob die Klinik (Kinderschutz) von diesem Vorfall Meldung machen wird.
Ich denke, dein Weg wird sich zeigen. Waret ab, ob dein Freund den Vorfall einfach nur bagatellisiert, oder ob er selber erschrocken ist und daran arbeiten will.
Pass auf dich und dein Kind auf. Ich wünsche dir viel Kraft

Wenn Du meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her
RenaW
Dabei seit: 06.10.2005
Beiträge: 1792
Ich kann verstehen, dass Du durcheinander bist, dass Du nicht verstehst, wie es so weit kommen konnte.
Ein Gespräch mit Deinem Freund finde ich sehr wichtig. Versuch heraus zu finden, was los war, wie er sich dabei fühlt, ob er ehrlich zu Dir ist und ob er sich helfen lassen will.
Wenn Du seine Seite gehört hast, dann hast Du alle Zeit der Welt, um zu schauen wie es weiter geht mit euch beiden.
Wichtig ist jetzt nur Deine Tochter. Ob der Kinderschutz eingeschaltet wurde vom Spital kann ich Dir auch nicht sagen. Wenn ja, kann es auch eine Chance sein, das euch als Eltern geholfen wird.
Gelöschter Benutzer
Hab dir ne PN geschickt.
Ach ja: vielleicht kann dir im Spital direkt jemand weiterhelfen, oder sie können dir eine Adresse geben für eine Beratung, Sprechstunde, was auch immer. Bei uns war die Elternberaterin / Mütterberatung, Frau Zangger, sehr aufgeschlossen, kompetent und mit viel gesundem Menschenverstand. Vielleicht hat auch sie dir einen Rat oder weiss, wohin du dich wenden kannst. Es gibt von der Mütterberatung auch Telefonberatung. Hier www.stadt-zuerich.ch/content/dam/stzh/sd/Deutsch/Beratung%20und%20finanzielle%20Leistungen-ML/Merkblaetter%20und%20Formulare/MVB/Beratungsstellen_MVB_KKB.pdf sind die Adressen und Zeiten.

[Dieser Beitrag wurde 1mal bearbeitet, zuletzt am 15.06.2012 um 10:47.]
Gelöschter Benutzer
@anduria: wie du reagieren sollst? SOFORT eine möglichkeit suchen, die euch entlastet. du schreibst, dein freund hätte stress auf der arbeit. somit kann er nicht noch in der nacht seine tochter betreuen. es gibt die schreibababyhilfe wenn ihr sonst niemanden habt. erkundige dich im spital nach hilfe.
Gelöschter Benutzer
Wende dich an die behandelnden Ärzte im Spital. Ev. gibt es dort eine Kinderschutzgruppe. Auch sonst gehe ich davon aus, dass sie sowieso aktiv werden. Die können dir sicher auch geeignete Beratungsstellen angeben.

http://www.kispi.uzh.ch/Kinderspital/Medizin/Kinderschutzgruppe_de.html

Deiner Kleinen alles, alles Gute.
Anduria
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 15.12.2011
Beiträge: 8
Danke für die Tipps und aufbauenden Worten. Ich habe glaube noch nie so viel geheult wie die letzten zwei Tage.

Der Kleinen geht es gut. Sie wird weiterhin geröntgt um innere Blutungen auszuschliessen. Sie hat wohl auch besser geschlafen als die Mami. Mein Freund hat bei seinem Kollegen übernachtet, weil er meine Nähe nicht ertragen konnte und Angst hatte, dass er sich in der Nacht etwas antut. Er meinte zu mir, weil ich ihn nicht für seine Tat bestraft hätte, wollte er sich selbst bestrafen. Es nimmt ihn total mit alles.

Heute Morgen habe ich ihn dann in die Psychiatrische Klinik gefahren, wo er die nächsten Wochen bleiben wird. Unsere Kleine habe ich ihn besuchen lassen. Er benahm sich wie immer, und war wie sonst auch sanft und lieb zu ihr. Es nahm in allerdings sehr mit und er konnte nicht lange bleiben. Er schämt sich total dafür. Beim Eintrittsgespräch der Klinik erzählte er, dass er nicht wusste wo er war. Er kann sich nicht daran erinnern, wie er sie schüttelte. Mir macht das Angst. Ich werde ihn wohl nie wieder mit ihr alleine lassen können, ohne Angst zu haben.

Das schrägste war, dass ich gestern Nacht nicht nur die Kleine extrem vermisst habe, sondern auch ihn, obwohl er so etwas Schlimmes getan hatte.

Am Montag werde ich erfahren, wie es weiter geht. Bei dem Ärztegespräch wird auch eine Sozialarbeiterin anwesend sein. Wie es mit der Beziehung zu ihm weiter geht steht in den Sternen. Ich liebe ihn noch immer, aber diese Bilder haften...


@Goldfisch: Ich vergass zu schreiben, dass er seit langem krank geschrieben ist. Er arbeitet zur Zeit gar nicht. Ich hätte ihn Nachts nie auf sie schauen lassen, wenn er arbeiten würde. Er kann seit langer Zeit Nachts nicht schlafen und schläft dann eben am Tag. Deswegen habe ich mir keine Gedanken darum gemacht. Ich verstehe nur nicht, warum er mich hat schlafen lassen, statt mich zu wecken und mich um Hilfe zu bitten. Ich weiss, dass ich keine Schuld trage und trotzdem werfe ich mir immer wieder vor, dass ich nicht eher wach geworden bin.
RenaW
Dabei seit: 06.10.2005
Beiträge: 1792
Ich finde es gut, das beim Aerztegespräch eine Sozialarbeiterin dabei. Sie wird wissen, wo und was für Hilfe Du/ihr bekommen könnt.
Das Dein Freund sich helfen lässt, ist ein Anfang. Das Du ihm nicht so schnell wieder trauen kannst, ist verständlich.
Im Eröffnungstext schreibst Du, dass Du einen Psychologen suchen möchtest. Ich denke, es wird Dir gut tun, mit jemandem zusammen das Ganze zu verarbeiten.
DIO
Dabei seit: 27.02.2012
Beiträge: 81
die sache ist schwierig. trotzdem solltest du versuchen das ganze nicht im grösst emotionalen zustand zu bewerten und darin entscheidungen fällen.


<<gelöscht>> unbegründete Anschuldigung - moderation


sie ist und bleibt jedoch die mutter. und die kinder brauchen sie. und lieben sie. es passieren immer dinge im leben, die man sich nicht vorgestellt hat.

du hast dir deinen partner ausgesucht. und kannst ihn natürlich auch wieder verlassen. nur wird der nächste besser sein? du weisst es nicht.
er ging freiwillig in die klinik. das ist ein starkes statement.

lass das ganze einfach mal setzen. auch wenn es verdammt schwer ist. die wahl des partners hättest du vorher ändern können. jetzt ist ein kind da. was einen dazu zwingt zu wählen. will man sein ego ding durchziehen und neue probleme schaffen, oder will man versuchen die aufgabe die nun vor einem steht zu meistern und das beste daraus zu machen.

jetzt schau mal was rauskommt wenn er wieder aus der klinik raus ist. unter umständen erleichtert es dir die entscheidung. es kann ja sein, das er irgend was vorher schon mit sich rumgeschleift hat das jetzt entdeckt wurde. oder er kommt relativ erholt und geläutert wieder raus. dann kannst du eine neubetrachtung anstellen. aber schnellschüsse und entscheidungen aus einer gewissen "hysterie" heraus taugen auf lange sicht gesehen nicht viel.

ich wünsche dir viel kraft und schönere träume. freu dich das euer kind es scheinbar gut überstanden hat. denn das ist nicht selbstverständlich. es ist jetzt ein glückskind und du kannst von ihr jetzt viel lernen.

Ein kluger Mann widerspricht nie einer Frau. Er wartet, bis sie es selbst tut.
pluto
Dabei seit: 23.10.2002
Beiträge: 2313
Die meisten schütteln ein Kind weil sie gar nicht wissen wie schlimm dies sein kann, satt dessen denken sie dass dies eine schwächere Ersatzhandlung ist, weil sie das Kind nicht schlagen wollen. Schütteln ist daher meistens nicht böse Absicht, sondern schlicht fehlende Information, zusammen mit einer Situation die überfordert.

Der denkende Mensch ändert seine Meinung. (F.N.)