Vertrauensfrage

KlaraM
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"mosaik1" schrieb:

Ich finde die Privatspähre von anderen zu respektieren prinzipiell schon gut. Allerdings kann es auch Gleichgültigkeit zeigen. Denn es gibt vielleicht auch Sachen die man gar nicht wissen will.


Man muss einfach unterscheiden, aus welchem Grund man in die Privatsphäre eindringt und Dinge wie Handys, Tagebücher etc. liest. Wenn man sich ernsthafte Sorgen um die Gesundheit und das Wohlergehen der anderen Person macht, dann ist das wohl gerechtfertigt. Aber einfach so aus Neugier oder bei so dünnem Verdacht wie bei Pitsch geht das auf gar keinen Fall. Das wäre ein Vertrauensbruch gröberen Ausmasses. Beim Tagebuch des Teenagers übrigens auch, finde ich ganz jenseits. Ich kann mein Interesse ausdrücken, indem ich mich im persönlichen Gespräch erkundige, nicht indem ich im Zimmer schnüffle.
mosaik1
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Klara

Für mich ist es das Gleiche. Es geht darum, dass einem nicht gleich ist was dem anderen passiert. Hier geht es nicht nur um sie und um ihre Privatsphäre. Es sind auch andere Leute betroffen.
Ich muss sagen, dass ich von meinem Partner schon genaue resp. befriedigende Auskunft will, wenn mir etwas komisch vorkommt. Ob es sich dabei um unbegründete oder begründete Verdachtsmomente handelt ist für mich eigentlich irrelevant. Unser eingebauter Sensor sagt uns ziemlich deutlich, wenn etwas nicht stimmt. Und wenn die Reaktion des Partners nicht glaubwürdig ist (und das ist sie hier anscheinend nicht) dann würde ich nachbohren, bis es für mich glaubwürdig ist, wenn es mich kümmert.


Life is like a box of chocolates. You never know what you get. (Forrest gump)
KlaraM
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@mosaik

Ich versuche gerade, mir diese Situation vorzustellen: Ich kontrolliere die SMS, um sicherzugehen, dass mir mein Partner treu ist. Und dann? Kontrolliere ich auch die Emails? Wiederhole ich die Kontrolle im Wochenrhythmus? Kontrolliere ich auch, ob er wirklich im Training/bei der Arbeit/an der Sitzung ist? Kontrolliere ich sein Portemonnaie, seine Kreditkarten-Abrechnung? Fahre ich ihm nach?

Ja, ich sehe das tatsächlich anders als du. Eine Partnerschaft basiert auf Vertrauen. So wie ich das sehe, hat seine Frau nichts gemacht, das auf einen Vertrauensbruch schliessen lässt. Es kam eine Unsicherheit auf, er hat sie darauf angesprochen und sie hat klar verneint. Weil er ihr vertraut, glaubt er das. Jetzt versucht er etwas zu machen, um die Partnerschaft wieder zu festigen, damit Unsicherheiten nicht mehr aufkommen.

Wie Brise schrieb: Ein kleines "Geheimnis" ist doch ok. Man muss auch seine Gedanken nicht immer mitteilen. Pitsch fand sicher auch schon mal eine andere Frau attraktiv und hat das seiner Frau nicht auf die Nase gebunden. Oder beim Sex mal an jemand anderen gedacht? Kleine Geheimnisse eben. Aber kein Vertrauensbruch.
mosaik1
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Klara

Das wäre dann es ad absurdum zu treiben. Ganz schön anstrengend.icon_wink.gif ich denke aber, dass es sehr viele Schattierungen dazwischen gibt.

Bei meinen Kindern bin ich ja auch achtsam wie sie sich verhalten. Und so ist es auch bei meinem Partner. Oder gehst du bei deinen Kindern der Sache nicht nach, wenn dir etwas anders vorkommt als sonst? Lässt du es da schleifen? Vielleicht ist es kein Tagebuch sondern eine Schublade? Oder etwas unter dem Kissen?
Und dann sprichst du dein Kind darauf an und du merkst, dass es lügt. Lässt du es dann sein, weil es ja auch seine Geheimnisse haben darf? Wohl kaum, oder?

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KlaraM
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Oh doch, ganz genau so. Ich stöbere nicht in den Schubladen, unter dem Kissen und lese nicht im Tagebuch (was nur eins der Kinder führt, soviel ich weiss). Das würde ich vielleicht tun, wenn ich mir ERNSTHAFT Sorgen machen müsste, wenn z. Bsp. eine Essstörung oder eine depressive Verstimmung vorliegt oder eine plötzliche Änderung im Verhalten, die richtig Besorgnis erregt. Also frühestens im mittleren Jugendalter, vorher sowieso nicht. Alles andere sehe ich als massiven Eingriff in die Privatsphäre. Ich bin doch kein Polizist!
NB: Ich will auch nicht, dass jemand in meiner Handtasche wühlt oder meine SMS liest, obwohl ich nichts zu verbergen habe. Das geht einfach nicht, das ist mein Bereich.
mosaik1
Dabei seit: 23.07.2012
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Klara

Echt? Das finde ich ja spannend. Ich hingegen habe dafür kein Problem damit, dass man meine SMS/Mails liest und in meiner Handtasche wühlt. Wenn das jemand spannend findet. icon_wink.gif (Mich stört nur, wenn man die Sachen nicht zurücklegt) Ich trage auch mein Herz auf der Zunge und von dem her weiss meine Umgebung normalerweise was Sache ist. Ich neige auch nicht zu Heimlichkeiten und finde Leute, die nichts preisgeben wollen, anstrengend.
Andererseits ist mir Ehrlichkeit enorm wichtig. So wichtig wie fast nichts anderes. Schlimmer als etwas Schlimmes zu tun, ist für mich, wenn man nicht dazu steht. Das finde ich respektlos.
Da haben wir anscheinend eine völlig andere Lebenseinstellung.

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KlaraM
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@mosaik

Aufrichtigkeit ist auch für mich eine der wichtigsten Tugenden. Verlässlichkeit kommt dazu und die Fähigkeit, anderen zu vertrauen. Aufrichtigkeit ist etwas, das von mir selbst ausgeht, das ich ausübe, um mir damit das Vertrauen der Mitmenschen zu erhalten. Ich erwarte das auch von meinen Mitmenschen und schenke ihnen deshalb Vertrauen. Ich gehe also grundsätzlich von einem positiven Menschenbild aus. Diese Haltung versuche ich meinen Kindern zu vermitteln. Sie sollen ehrlich sein und von den Mitmenschen Gutes denken. An das Gute glauben, ohne es zu überprüfen. Sich den Mitmenschen gegenüber so verhalten, wie sie wünschen, dass sich andere ihnen gegenüber verhalten.

Wenn jetzt ein Kind mal nicht die Wahrheit sagt, merken wir Eltern doch in der Regel recht schnell, dass etwas nicht stimmt. Dann gehe ich im Gespräch darauf ein, äussere MEINE Sichtweise und wie das auf mich wirkt, wie das für mich ist, wenn ich diese Unsicherheit spüre. Das Kind kennt ja die Wahrheit, also ist es absolut unnötig und entwürdigend, wenn ich jetzt hingehe und Beweise suche, um zu sagen: "Siehst du, ich hatte Recht und du hast gelogen." Ich gebe ihm lieber zu verstehen, warum es wichtig ist, das Vertrauen der Mitmenschen zu erhalten. Wie wichtig es ist, sich auf andere verlassen zu können ohne den Drang zu verspüren, die Ehrlichkeit nachprüfen zu müssen. Vertrauen ist, wenn man diesen Drang nicht verspürt. Der Nachdenkensprozess beim Kind setzt auch ein, ohne dass ich es blossstelle. Es soll ehrlich sein, weil es versteht, wie wichtig und schützenswert Vertrauen in Beziehungen ist, nicht weil es Angst hat, andernfalls erwischt, bestraft oder blossgestellt zu werden.
Insofern haben wir tatsächlich eine andere Lebenseinstellung. Nicht was Ehrlichkeit angeht, sondern wie es funktioniert.

Das ist hier genauso. Wenn Pitsch die SMS sehen will, signalisiert er seiner Frau, dass er ihr nicht vertraut, ihrem Wort und Verhalten misstraut. Dadurch würde die Beziehung massiv erschüttert. So wie er sie bisher angesprochen hat, heisst das bloss: "Hey, ich fand das irgendwie komisch. Muss ich mir Sorgen machen?" Dass er sie darauf ansprechen kann, zeugt von Vertrauen. Er muss ihr allerdings jetzt glauben, sonst ist die Frage eh sinnlos. Vertrauen, nicht kontrollieren.
Co-71
Dabei seit: 29.05.2012
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...der Text von Camillo2 könnte von mir sein..... genauso war es bei uns nach 10 Jahren Ehe. Jetzt sind wir 20 Jahre verheiratet und ich bin froh, dass wir damals "über die Bücher" gegangen sind. Wenn man richtig damit umgeht, ist es wirklich absolut heilsam. Ich finde, Pitsch macht das schon gut...

Die Frage über SMS lesen und in Handtaschen stöbern wird jeder anders beantworten und gilt nicht für alle gleich...sieht man ja hier
mosaik1
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Klara

Wir macenh das eigentlich auch nicht anders. Bloss ist wohl bei uns die Grenze zwischen ihrem und unserem Zimmer (noch) nicht so streng gezogen. Allerdings sind meine Kinder auch erst 9 und da sie so chaotisch wie die Eltern sind muss ich ihnen ab und zu etwas suchen helfen. Und dann treten die geheimen Verstecke natürlich in Erscheinung. ;o)
Ich denke meine Kinder werden mir signalisieren, wenn ich in ihrem Bereich nichts mehr zu suchen habe. Und auch nichts mehr aufzuräumen. icon_biggrin.gif

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ibex
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Ich staunte auch nicht schlecht, als ich kürzlich meine Tochter (bald 17) nach dem iPhon-Kabel fragte und sie mir sagte, dass ich es selber aus ihrer Handtasche im Zimmer holen soll. Ist in diesem Alter schon fast einer der schönsten Liebes -und Vertrauensbeweise für Daddy's icon_smile.gif