geschätzte jelena
was ist in einer elternbeziehung los, wenn nach einer trennung/scheidung staatlich beschäftigte drittpersonen wie gerichte, vormundschaftsbehörden und beistände beigezogen werden oder eingreifen müssen? da reden wir wohl nicht über jene verantwortungsvollen paare die es auch gibt, welche sich zwar getrennt haben, im interesse der gemeinsamen kinder jedoch einen konstruktiven und respektvollen umgang miteinander pflegen.
über die argumente, warum eltern nach einer trennung/scheidung nicht kommunizieren, liessen sich sich bücher füllen. gemeinsam ist diesen argumenten jedoch, dass die ursachen durchwegs bei den "erwachsenen" eltern und nicht bei den kindern liegen. genauer betrachtet ist es zudem nicht, wie du schreibst, ein "nicht können" sondern ein "nicht wollen". ja, ich bin frech genug zu behaupten, dass kann wer will, dass aber viel zu viele eltern auf beiden seiten ihre egoistischen interessen vor jene der kinder stellen und sich der (gemeinsamen) verantwortung entziehen.
deine darstellung, ein beistand sei "eine anlaufstelle" und "der link zur vormundschaft" liess mich überlegen, welches bild von einer beistandschaft besteht. deine formulierung erschien mir nicht nur mild sondern geradezu soft. trotzdem ist sie für mich in den noch viel zu vielen fällen nachvollziehbar, in welchen beistände zur konfliktvermeidung mit den eltern herumlavieren und mehr die rolle eines therapeuten als den eines beistandes wahrnehmen.
tatsache ist aber, dass die ernennung eines beistandes eine massnahme der vormundschaftsbehörde ist, "wenn die verhältnisse es erfordern". auch wenn das gesetz festhält, dass der beistand die eltern "in ihrer sorge um das kind mit rat und tat unterstützt" ist er klar dem kind und nicht den eltern zugeordnet. bereits bei diesem punkt kollidieren wohl oft bereits die vorstellungen, wenn ein elternteil meint, der beistand sei dafür da, ihre interessen durchzusetzen.
teil der massnahme einer vormundschaftsbehörde kann es zudem sein, dem beistand besondere befugnisse übertragen. diese betreffen ganz klar die rechte des kindes und nur des kindes in bezug auf unterhaltsansprüche, andere rechte und die überwachung des pesönlichen verkehrs (mit dem nicht obhutsberechtigen elternteil). man beachte hier, dass art. 308 abs. 2 ZGB in bezug auf das in diesem thread anstehende thema von "überwachung" und nicht von "anordnung" oder "durchsetzung" spricht.
damit wären wir beim nächsten kollisionspunkt: der beistand kann zwar feststellen, dass das umgangsrecht (klar das recht des kindes auf umgang mit dem nicht obhutsberechtigten elternteil) vom obhutsberechtigten elternteil torpediert (um nicht zu sagen mit füssen getreten) wird. seine massnahmemöglichkeiten sind jedoch bis hier eingeschränkt. der kollisionspunkt eröffnet sich dann, wenn die vormundschaftsbehörde dem beistand die möglichkeit geben will/muss, zur wahrung der rechte des kindes tatsächlich etwas zu unternehmen. denn dann kommt die vormundschaftsbehörde nach meiner interpretation nicht umhin, art. 308 abs. 3 ZGB anzuwenden: "die elterliche sorge kann entsprechend beschränkt werden."
nun, das obhutsberechtigte eltern, welche die umgangsrechte ihres kindes mit dem nicht obhutsberechtigten elternteil torpedieren, selbst bei der vormundschaftsbehörde einen beistand beantragen, ist weniger anzunehmen.
dennoch finde ich die fragestellung berechtigt, was den die fronten mehr verhärtet:
variante a: ein brief vom onkel richter, der unter strafandrohung zur einhaltung der rechte des kindes und zu adäquatem verhalten auffordert, oder
variante b: ein nicht obhutsberechtigter elternteil setzt gegen den obhutsbereichtigten bei der vormundschaftsbehörde einen massnahmeentscheid zur ernennung eins beistandes und eine beschränkung der elterlichen sorge durch, damit dieser beistand die rechte des kindes durchsetzt.
zu beachten wäre dabei vielleicht auch, dass variante a) ein deutlicher schuss vor den bug darstellt, während varante b) eine in der regel lägerfristige massnahme, allenfalls bis zur volljährigkeit des kindes darstellt.
irgendwie mutet es mich doch seltsam an, wenn eltern die rechte ihrer kinder torpedieren und dabei eine längerfristige massnahme mit beschränkung der elterlichen sorge als weniger verhärtend empfinden sollen als einen kurzen schuss vor den bug und effektive massnahmen bei nichtbefolgung.
genau so mutet es mich seltsam an, dass die gesellschaft, wie du schreibst, die kosten und den aufwand für leute übernehmen soll, welche primär ihre egoistischen interessen verfolgen. nach meinem empfinden ist es in diesen fällen aufgabe des staates, fehlbare personen schlicht und simpel in die schuhe zu stellen und ihnen die grenzen deutlich aufzuzeigen.