Abstimmungsresultate und deren (Falsch-)Interpretation

RenaW
Dabei seit: 06.10.2005
Beiträge: 1792
GabrielaA, was Du schreibst über Deine Verwandte, erlebt meine Schwiegermutter auch, aber mit der Krankenkasse und nicht mit der IV.
Es ist so, das meine Schwägerin zu Hause lebt, sie hat Cystische Fibrose und durch einen Sauerstoffmangel bei einer OP als Kleinkind ist sie auch "geistig behindert". Die Krankenkasse weiss seit JAHREN dass meine Schwägerin krank ist, dass es mit zu nehmendem Alter schlimmer wird anstatt besser. Und trotzdem verlangen sie ständig neue Gutachten darüber ob die Physiotherapie für die Lunge notwendig ist oder nicht (ohne Physio wäre sie längst erstickt).
Aber scheinbar "investiert" man lieber in die Bürokratie als in ein einigermassen erträgliches Leben einer Patientin.
angelface
Dabei seit: 05.11.2005
Beiträge: 411
@warum
Meine Gründe zum NEIN zu "Managed Care" bedürfen keiner Interpretationen sondern ich sage diese klipp und klar:

1. Ich war in einem solchen "Modell" und hab erlebt, wie über Monate von sogenannten Spezialisten nach dem Muster "Versuch und Irrtum" sowie "Mein Kollege braucht auch noch Umsatz" gewirtschaftet wurde. Bei dieser Reise durch die Landschaft der medizinischen Wissenschaften (sie wissen, dass sie nichts wissen, also versuchen sie mal etwas) kam zusätzlich dazwischen immer noch die (verrechnete) Konsultation beim "managenden Hausarzt". Draus ergibt sich folgende Logik:

a) Es fehlen ja bereits die Hausärzte in vielen Regionen und wenn diese in einem "Netzwerk" noch ein effizientes case management übernehmen sollten, fehlt schlicht die Kapazität.

b) die meisten der heutigen Hausärzte haben von case Management nicht wirklich eine Ahnung und sind darauf nicht ausgebildet.

c) selbst bei einer grossen Krankenkasse ist zwar formell ein case management vorhanden. Es ist, aus eigener Erfahrung, nicht nur nicht brauchbar sondern eine Katastrophe.

d) Drei Viertel der Bevölkerung hat nun bei der Abstimmung gezeigt, dass sie nicht naiv genug sind, daran zu glauben, dass mit einer Steigerung der Anzahl Konsultationen die Kosten effektiv gesenkt werden. Die gleiche Quote hat gezeigt, dass ihnen auch die Naivität fehlt, daran zu glauben, dass die Ärzteschaft wie auch deren Kollegen von der Pharmaindustrie tatsächlich zur Kostensenkung (sprich eigenen Einschränkung goldener Pfünde) beitragen wollen.
Auch hat diese Mehrheit gezeigt, dass sie das von einigen profilneurotischer Politiker mit vordergründigen Aktionitis erstellte Placebo nicht mehr einfach schlucken. Dafür ist die Lobby aus Politikern, Ärzten, Krankenkassen und Pharmaindustrie viel zu bekannt.



[Dieser Beitrag wurde 1mal bearbeitet, zuletzt am 18.06.2012 um 20:36.]
Malaga1
Dabei seit: 01.12.2007
Beiträge: 521
Es geht mir nicht darum, jetzt nochmals den Sinn bzw. Unsinn von Managed Care zu diskutieren. Wie immer kann man dafür oder dagegen sein. Was mich aber zutiefst erschreckt ist, wievel Falsches von diversen Exponennten behauptet wurde. Das ist mir das erste Mal so bewusst aufgefallen, weil ich mich halt in diesem Bereich sehr gut auskenne. Einige Bsp:

- "Die heutigen Ärztenetze werden von den Kassen geführt." Kompletter Blödsinn, behauptet von Ex-FMH-Präsi de Haller
- "Heute müssen die Kassen mit allen Ärztenetzen Verträge schliessen, mit der Vorlage nicht mehr". Kreuzfalsch, behauptet von Jacqueline Fehr in der Arena
- "Der Gynäkologe kann nachher nicht mehr frei gewählt werden." Völliger Schwachsinn, behauptet vom Pulsus-Präsident im 10vor10

Ich hätte noch ein paar andere Beispiele auf Lager. Ich muss doch einfach annehmen, dass mir bei allen Vorlagen ungefähr gleichviel Falsches erzählt wird. DAS finde ich bedenklich. Wenn wir schon Abstimmungen durchführen, möchte ich gerne objektiv und wahrheitsgetreu informiert werden, damit ich mir meine EIGENE Meinung bilden kann.
Blue64
Dabei seit: 20.08.2003
Beiträge: 1456
"warum" schrieb:

Bausparinitiative: Der HEV nennt es "ein Geschenk an die Mieter". Warum sollten die uns was schenken? Die Bausparinitiative wäre etwas für Reiche. Möglicherweise gibt es auch unter den Reichen Mieter icon_lol.gif


Tja, in Österreich gibt es schon ewig Bausparen - meine Eltern hätte heute keine Eigentumswohnung ohne Bausparen! Und wir waren garantiert nicht reich - mein Vater Alleinverdiener!
Aber eventuell täte es so manchen Wählern gut, auch mal alle Wahlunterlagen und vor den Wahlen alles Artikel zu den Wahlthemen genau zu lesen und VOR der Wahl nachzufragen, wenn man etwas nicht versteht.
Aber nicht wählen gehen und dann sich hinstellen und meinen, dies und jenes würde man nach zig Erklärungen immer noch nicht verstehen!icon_rolleyes.gifbanghead.gif

Ich denke, also bin ich hier falsch !
Orcas_neu
Dabei seit: 31.05.2012
Beiträge: 65
@ Malaga1

logisch sind die Spezialisten dagegen und die Hausärzte dafür - naja und das im selben Verband und das hat de Haller ja dann auch den Kopf gekostet - zuerst war er dagegen und dann dafür - er konnte es eben nicht allen Mitgliedern recht machen ... icon_eek.gif

Was ich weis ist, dass auch die Apotheker gerne miteinbezogen würden, was ja sinnvoll ist, denn sie sind die Spezialisten in Sachen Medikamenten und der Arzt ist der Spezialist in Sachen Krankheit und Verletzungen - da wäre ich auch sehr für eine nähere Zusammenarbeit!!!!
Die WHO sagt ja auch, dass Ärzte keine Medis abgeben sollten, da sie nicht unabhängig sind (können sie ja nicht, da sie nicht alle zugelassenen Medis am Lager haben können, wie eine Apotheke - also haben sie meist einen oder zwei Lieferanten aus der Pharma).

Die meisten haben heute ja bereits eine Art Managed-Care, darum verstehe ich dieses Nein auch nicht ganz und wie du schreibst, es gab sehr viele Fehlinformation - geleitete Fehlinformation! banghead.gif

Ob du eilst oder ob du langsam gehst, der Weg bleibt immer derselbe!

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jomoh
Dabei seit: 08.05.2006
Beiträge: 204
linda-priska: das was du von der Frau mit Cystischer Fibrose schreibst, finde ich sowas von schlimm, es ist doch völlig klar, dass bei der Krankheit sich mit dem Alter alles immer mehr verschlechtert... Und dann das Beispiel von dir, Gabriela, mit der IV, ist auch so daneben. Das ist doch jetzt eine Frau, die wirklich kämpft und eigentlich die Unterstützung wirklich braucht...
Und ist genau das was auch mein Mann immer wieder erlebt als Allgemeinarzt: er muss auch immer wieder solche Formulare ausfüllen von Krankenkassen für solche Fälle.. Er betreut z.B. eine 75-jährige Frau, die noch zuhause allein leben kann mit Spitex etc. und ihre Krankenkasse fragt immer wieder nach, ob sie jetzt nicht endlich ins Pflegeheim müsste- was ja viel teurer ist und so, aber anscheinend kostet das die Krankenkasse weniger als die Spitex. Da geht es einfach wirklich nur ums Geld, und zwar ums eigene- egal, ob die Lösung mit Pflegeheim uns ja insgesamt viel teurer kommt, Hauptsache, sie muss nicht mehr soviel bezahlen.

Übrigens, malaga1, das sagt mein Mann als Allgemeinarzt selber auch, dass es Jammern auf hohem Niveau ist- denn auch Allgemeinärzte verdienen nun wirklich gut, nur gerade im Vergleich zu den Spezialisten wohl nicht so. Und ich kann das unterschreiben: "Ich bin aber überzeugt, dass wir viel Geld im Gesundheitswesen sehr ineffizient einsetzen und das gar nicht zum Nutzen des Patienten."

Ich bin selber wirklich ratlos wie man je die Gesundheitskosten senken kann...
Orcas_neu
Dabei seit: 31.05.2012
Beiträge: 65
das Bauen in Österreich ist sicher auch viel günstiger, genau wie in Deutschland, als bei uns .... ist ja klar, dass hier nicht so viele bauen können .... icon_rolleyes.gif

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Orcas_neu
Dabei seit: 31.05.2012
Beiträge: 65
@jomoh, das sehe ich genau so!
ich sehe über den Apothekenkanal z.B. wieviele verschrieben Medikamente Jahr für Jahr zur Entsorgung zurück gebracht werden - vielfach nicht mal angebrochene Packungen, weil viele sich nicht getrauen, die Medis vom Arzt nicht zu nehmen - das geht jährlich in die Milionen! icon_eek.gif

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warum
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 27.01.2012
Beiträge: 183
@malaga: "Gerade am Lebensende könnten horrende Summen eingespart werden, ohne Nachteil für den Patienten (Es geht hier um die Frage Verlängert man das Leben oder das Sterben?)."
Wer entscheidet dann, welche Ersparnis kein Nachteil für den Patienten bedeutet? Genau hiervor haben viele Angst, und diese konnte nicht ausgeräumt werden. Sterben kann nun mal lange dauern. Solange wir nicht gestorben sind, leben wir noch und diesen Abschnitt kann man nun mal nicht kostenlos "gestalten".
Orcas_neu
Dabei seit: 31.05.2012
Beiträge: 65
@warum
wenn wir lernen würden, dass der Tod dazu gehört, dass es ein Teil des Ganzen ist, könnten wir wohl eher loslassen und gehen oder eben die Liebe ziehen lassen - heute wird bis zu Geht-Nicht-Mehr am Leben erhalten ...

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