Als Kind geschlagen, heutiges Verhältnis zu den Eltern?

Polly
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 27.12.2007
Beiträge: 72
Ich wurde als Kind von meiner Mutter immer wieder geschlagen (Teppichklopfer). Heute ist die Beziehung zu ihr sehr kompliziert mit Schuldgefühlen, bedrückend, ungesund und belastend. Manchmal wäre es für mich wie eine Erleichterung, den Kontakt mir ihr abzubrechen. Ich habe ihr zwar diese Schläge aus der Kindheit vergeben, aber trotzdem plagt es mich noch phasenweise. Einerseits tut sie mir wahnsinnig Leid und anderseits habe ich wie keine Gefühle für sie ausser Mitleid. Wer hatte auch eine Kindheit mit Schläge und wie ist euer Verhältnis heute zu euren Eltern?
Gelöschter Benutzer
Ich bin auch ein geschlagenes Kind. Das Verhältins war bis heute: von schwierig über zeitweise gar nicht bis jetzt sich wieder langsam anbahnend.
Zum Vergeben: ich habe meinen Eltern inzwischen auch vergeben. Aber: damit das Verhältnis wirklich gesunden kann, braucht es eben auch das Anerkennen der Schuld die die Eltern sich aufgeladen haben. Sie müssten das mal wirklich von Angesicht zu Angesicht zugeben können.
Hat das deine Mutter?
Polly
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 27.12.2007
Beiträge: 72
Nein überhaupt nicht, sie sagt noch heute, sie sei eine gute Mutter gewesen. Man kann mit ihr darüber nicht reden. Manchmal habe ich das Gefühl, sie sieht nur noch das Positive und das die andere Seite ist wie ausgeblendet. Und manchmal denke ich, was bringt es, wenn ich es ihr heute noch vorwerfe? Mit ihr darüber rede? Es ist Vergangenheit und vielleicht belastet es sie mehr als wir denken. Sie hat heute starke psychische Probleme und wir Kinder sollen immer Verständnis für sie haben, sie verstehen, sie mehr umsorgen usw. Ich habe es lange gemacht, aber ich mag nicht mehr, irgendwie ist auch dieser Groll gegen sie da.
Vilu
Dabei seit: 18.07.2002
Beiträge: 2006
Ich würde nicht sagen, ich sei oft geschlagen worden ein "geschlagenes Kind". Dass man damals mal eins mit dem Teppichklpfer oder mit der Hand auf den Hintern bekam, war damals nicht sooo unüblich. Auch selten mal eine Ohrfeige habe ich abgekriegt. Wenn ich so zurückdenke, ist mir aber auch klar, dass ich die Nerven meiner Eltern oft ziemlich strapaziert habe. Einen Schaden habe ich heute davon sicher nicht, auch leidet das Verhältnis zu meinen Eltern dadurch nicht. Wir haben es super zusammen und ich liebe meine Eltern sehr.

Meine Mutter hat mich manchmal ignoriert, wenn wir gestritten hatten, zum Teil tagelang. DAS war schlimm! Aber diese Zeit ist vorbei und ich habe das meiner Mutter längst verziehen! Was hat sie nicht alles für mich getan und tut es immer noch! Man muss auch mal verzeihen und vergessen können, sonst macht man sich selbst das Leben schwer.

Was ich für mich daraus gelernt habe: Egal, wie sehr mich mein Sohn auf die Palme bringt, ich schreie lieber mal los als ihn zu ignorieren. Schnell ein Donnerwetter, danach aber wieder klare Luft.

Leben und leben lassen
Blue64
Dabei seit: 20.08.2003
Beiträge: 1456
Du "musst" nichts, darfst aber alles! Niemand muss verzeihen, niemand muss vergessen, niemand muss mit jemandem Mitleid haben.

Klär mit Hilfe eines Profis deinen eigenen Status quo - ich habe erfahren, dass einen Klärung meiner Kindheit/Jugendzeit MIT meiner Mutter unmöglich ist - jahrlange Versuche meinerseits, klärende Gespräche zu führen, scheiterten an ihrem Festhalten ihrer Version der Vergangenheit; also hab ich es mit Hilfe eines Therapeuten und einiger Selbsterfahrungsseminare für mich gelöst und ich habe mir die Freiheit genommen, so mit meiner Mutter umzugehen, wie es für mich stimmt, wie ich mich wohlfühle.

Ich denke, also bin ich hier falsch !
Polly
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 27.12.2007
Beiträge: 72
Vilu, du schreibst was deine Eltern alles schon für dich getan haben und das ihr ein gutes Verhältnis zueiander habt. Bei mir trifft das nicht ein. Meine Mutter saugt nur aus, jeder und alle sind vrantwortlich für ihre psychischen Probleme.
Und wie geschrieben, ich habe ihr auch schon längst verziehen, aber dadurch, dass sie heute noch so eine Belastung für mich ist und sie alles immer so schön redet, belastet es mich manchmal noch und ich möchte am liebsten einen Schlussstrich ziehen.
Vilu
Dabei seit: 18.07.2002
Beiträge: 2006
@Polly
Oh je - die Situation ist bei euch in dem Fall ganz anders. Gar nicht schön. Trotzdem hat man nur EINE Mutter... Und wenn man den Kontakt mal ganz abgebrochen hat, wird es wohl noch viel schwieriger, ihn wieder aufzubauen. Wie ist das mit den Grosskindern? Lieben sie ihr Grossmami oder haben sie auch kaum Kontakt?

Leben und leben lassen
Zoe007
Dabei seit: 28.02.2007
Beiträge: 1663
Ich sehe es wie Blue64. Du kannst sie nicht zur Einsicht zwingen. Du kannst nur bei dir selber ansetzen. Zwar wird auch ein Profi nicht eitel Sonnenschein zwischen euch wiederherstellen können. Aber du kannst lernen, für dich einen Weg zu finden, damit umzugehen oder falls nötig den Kontakt abzubrechen.
erna
Dabei seit: 03.01.2002
Beiträge: 870
Also, ICH war nie einfach in der Pflege. Wenn ich mal keinen Blödsinn im Kopf hatte, dann mein um 1 Jahr jüngerer Bruder. Dass meine Mutter da mal die Nerven verloren hat, für mich sehr verständlich. Geschlagen wurde nicht oft, aber es kam vor.

Ich trage meine Eltern nichts nach, denn ich sehe wie schwer es oft ist Eltern zu sein. Meine Eltern haben 7 Kinder gross gezogen und alle haben ein gutes Verhältnis zu den Eltern, obwohl wir ab und zu mal den Teppichklopfer spürten. Wir alle haben nun auch Kinder und bei Familienanlässen lachen wir oft über Situationen, wo wir früher unsere Mutter ausgetrickst hatten und sie uns, weil sie wahrscheinlich überfordert war, mit der Hand einen Klapps auf den Hintern gab oder eben der Teppichklopfer genutzt wurde.
Die schlimmste Form der Bestrafung war damals: Zimmerarrest. Das bedeutete ausgeschlossen von der Familie und das tat sehr weh und.. "nützte" bei mir am längsten.

Meinen Eltern trage ich nichts nach, dies weil ich weiss, wie "schwierig" ich oft war und/aber auch, weil ich sonst nicht nachtragend bin.

In deinem Fall würde ich auch mit einer Fachperson das Thema anschauen, damit deine Last leichter wird und du den Frieden findest mit deinen Eltern.
Blue64
Dabei seit: 20.08.2003
Beiträge: 1456
Vilu, diese Aussage " ... Trotzdem hat man nur EINE Mutter... Und wenn man den Kontakt mal ganz abgebrochen hat, wird es wohl noch viel schwieriger, ihn wieder aufzubauen. Wie ist das mit den Grosskindern? Lieben sie ihr Grossmami oder haben sie auch kaum Kontakt?...." finde ich persönlich gefährlich! Denn indirekt entbindest du somit jede Mutter und jeden Vater von der "Pflicht", sein Kind mit Liebe, Respekt und Vertrauen grosszuziehen! Denn jeder kann sich sagen "Wurscht, was ich mach, mein Kind weiss, es hat nur einen Vater und eine Mutter und wird somit immer bei und mit mir sein!

Und so einfach ist es nicht, meiner Ansicht nach - Und Grosskinder da auch noch ins Gefecht reinziehen, ist ganz schräg.

Ich sage nicht, dass es einfach ist, aber für jeden Lebensweg gibt es gangbare "Formeln" und Lösungen - man sollte sich nur offen und ehrlich damit auseinander setzen und bereit sein, Kompromisse einzugehen.

Ich denke, also bin ich hier falsch !