Als Kind geschlagen, heutiges Verhältnis zu den Eltern?

smaragd*
Dabei seit: 17.08.2010
Beiträge: 426
Gabriela, das ist ja völlig normal und ich bin überzeugt, dass auch mein Kind nicht von allem begeistert ist, was wir Eltern tun (übrigens schon heute nicht). Und nein, ich erwarte nicht, dass es mir lebenslänglich seinen Dank darbringt.

Ich persönlich will Vilu überhaupt nicht absprechen, sich mit ihren Eltern gut zu verstehen, im Gegenteil, ich finde das schön. Mich stört, dass sie mit ihren Aussagen die Verantwortung für die Schläge auf das Kind (sich selber) abschiebt. Das kann nie und nimmer richtig sein.
Shanti
Dabei seit: 30.04.2010
Beiträge: 1489
Vilu, alles Liebe und Gute für deine Mutter!!

ich habe ein sehr gutes Verhältnis mit meinen Eltern. Sie haben sicher ihre Fehler gemacht, wer macht die nicht? Schläge kriegte ich keine, nie, aber auch ich hatte sicher Erziehungsmethoden, die ich nicht gut ertrug, die sicher auch sehr negative Auswirkungen hatte. Sind meine Eltern schuld? Ich weiss, sie lieben mich, sehr, sie haben ihr Bestes gegeben, das, was sie als für mich gut sahen. Was sie taten, taten sie aus Liebe. Entschuldigt das alles - grundsätzlich? Wohl nicht. Aber ich denke, die Schuldfrage bringt auch wenig. Sie hilft im Heute nicht mehr, das Gestern kann man eh nicht mehr ändern. Kann ich nur mit ihnen auskommen, wenn wir nun alle Fehler auflisten und grosse Reue an den Tag legen? Sehe ich auch nicht ein. Ich liebe meine Eltern, sehr, ich konnte mich mein Leben lang immer auf sie verlassen, noch heute. Sie sind liebevolle Grosseltern und offene Schwiegereltern. Sie haben ihre Ansichten, die von meinen divergieren. Sie verstehen mich noch heute oft nicht, manche ihrer Ansichten und Aussagen schmerzen auch heute, aber sie meinen es nicht böse. Im Gegenteil. Sie haben ihre Sicht. Der Schmerz ist meiner. Klar kann ich sagen, sie sollen meine sensible Seite achten und sich zurück nehmen. Aber habe ich mehr Recht zu der Forderung als sie hätten, mir zu sagen, nicht gar so sensibel auf alles zu reagieren? Auch diese Diskussion bringt in meinen Augen nichts. Mitgefühl, Liebe, Vergebung und Respekt sind bei uns da und ich denke, das ist das wirklich Wahre. Ich bin froh, meine Eltern zu haben und möchte sie noch viele Jahre haben. Für mich, für meinen Sohn, für viele schöne gemeinsame Stunden.

Ich halte nichts von Schlägen, denke aber, es gibt auch noch schlimmeres. Das rechtfertigt Schläge nicht, verharmlost sie auch nicht. Aber ich denke, man muss alles immer in Relationen sehen. Und: niemand ist perfekt. Und jeder, der das von anderen fordert, sollte bei sich selber schauen, ob er das auch bringt.

ich wünsche jedem Kind liebende Eltern. Was gibt es Schöneres?

Der Weg ist das Ziel
Smile79
Dabei seit: 07.04.2009
Beiträge: 2397
@Vilu, wer auf eine, trotz füdlitäsch, glückliche kindheit zurückblicken kann, darf es auch. finde isch schon auch

sich um eine gute beziehung zur mutter bemühen" - ich glaube, dass polly, ja die ist, die sich ständig "bemühen" muss - und es sie einfach zu viel kraft braucht immer nur zu geben - und nichts dafür zu bekommen.

@polly. wenn es dich krank macht, ungesund ist - so suche für dich hilfe, mach eine therapie. wichtig bist du, und nur du.
deine Mutter ist so wie sie ist, du kannst sie nicht ändern. setze grenzen. versuche deine mutter weder zu verstehen, noch zu bemitleiden (wieso auch?) du musst nicht verstehen, warum sie das gemacht hat - es hat dir einfach nicht gut getan. Punkt

ich weiss nicht wie ich das schreiben soll: schau, dass du dich als eigene persönlichkeit siehst du bist du. Löse dich aus der verantwortung es deiner mutter immer recht machen zu wollen.
GabrielaA
Dabei seit: 18.10.2002
Beiträge: 5446
Vor eingen Jahren, bevor ich eigen Kinder hatte, war ich bei einer Familie.
Es waren drei Kinder zwischen 7 und 10 Jahren. Sie sollten Hausaufgaben machen, stritten sich. Der 7 Jährige nahm den Schulsack von dem Geschwister und beförderte diesen mit einem Fusstritt in den Flur.

Der Vater wurde sehr wütend - ich wäre wohl auch wütend geworden. Ich dachte er würde den Jungen massregeln und ihm erklären, dass so nur das Schulmaterial (die Schultasche) kaputt gehe, das Problem nicht gelöst sei.

Doch er ging auf den Jungen zu und schlug ihm mit voller Kraft mit der Faust auf den Kopf, dass es krachte. Der Jung ging zu Boden, weinte und rannte in sein Zimmer. Ich stand fassungslos daneben.

Die Begründung des Vaters: Er ist ein schwieriges Kind (Mittel-Kind, das sich immer ungerecht behandelt fühlte). Bin ich lieb mit ihm, funktioniert es nicht, also schlage ich, dann geht es wenigstens einen Moment so."

Ich konnte nichts darauf erwidern, wusste nur, dass dieser Mann für mich sehr tief gesunken war.

Der Junge ist heute übrigens erwachsen, wohnt noch immer bei seinen Eltern und arbeitet gar im selben Betrieb mit seinem Vater zusammen.
Polly
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 27.12.2007
Beiträge: 72
Wir waren vier Kinder zu Hause und alle 4 wurden verklopft. Für meine Mutter war es ein Dampfablassen. Manchmal reichte eine Kleinigkeit und sie explodierte. Wenn sie total überfordert war, drohte sie uns Kindern mit Selbstmord, was auch heute noch manchmal vorkommt. Die Frage, die mich am meisten beschäftigt ist, darf ich deswegen den Kontakt zu meiner Mutter abbrechen? Denn wie bereits geschrieben, sie fordert heute noch und macht alle verantwortlich für ihr Leid. Alle sind schuld nur sie ist fehlerlos und macht alles richtig. Aber dem ist leider absolut nicht so. Da sie alle Menschen vergrault, hat sie leider auch kein soziales Umfeld und hat das Gefühl, auf ihre Kinder habe sie Anspruch, da sie die Mutter sei. Sie feiert in einem Monat einen runden Geburtstag und hat natürlich grosse Erwartungen an uns Kinder. Dass wir ein grosses Fest für sie organisieren. Aber ich mag nicht!!!
GabrielaA
Dabei seit: 18.10.2002
Beiträge: 5446
@shanti und sweetsour: so schön geschrieben, so treffend.
Barbabottine
Dabei seit: 02.06.2010
Beiträge: 1387
Du bist zu garnichts verpflichtet. Auch wenn Du verwandt bist. Wenn es Dir dabei besser geht, brich den Kontakt ab. Was hindert Dich noch?

Nur weil die Gesellschaft findet das tut man nicht?

An it harm none do what ye will
Ultramarin
Dabei seit: 30.03.2009
Beiträge: 1425
polly, manchmal muss man die leute fallen lassen, damit sie realisieren, wie sie ihr umfeld tyrannisieren.

von mir ein ganz klares: Ja. und es kann sein, dass du zuerst traurig sein wirst, ich habe das zumindest so erlebt, aber die grosse erleichterung die folgte, zeigte mir dass es so richtig war.

We stopped checking for monsters under our bed, when we realized they were inside us
Smile79
Dabei seit: 07.04.2009
Beiträge: 2397
@Polly
Deine Mutter war (wenn sie mit Selbstmord droht) und ist überfordert. Doch DAS ist ihr Problem.

Wenn du ganz klar eine Grenze setzen kannst - zwischen dir und deiner mutter, dann kannst du auch ein Geburtstagsfest organisieren, einfach so.

Mach das, was du willst - ohne das Gefühl haben zu müssen, dass es deine Pflicht ist, nur weil sie ständig euch Kinder mit ihrem Selbstmitleid unter Druck setzt. Und klopf einfach mal auf dem Tisch.

Was sagen deine Geschwister? Kannst du mit ihnen darüber reden? - da kannst du ja offen sagen wie du dich fühlst.
~Tornado~
Dabei seit: 25.01.2005
Beiträge: 1384
ich bin aus systemischen überlegungen überzeugt, dass kontaktabruch KEINE lösung ist.
die auseinandersetzung mit seiner geschichte und der austausch (auch wenn einseitig) stelle ich mir heilsamer vor, als eine beziehung zu unterbrechen, die dann genau an dem ort stehen bleibt, wo sie eben unterbrochen wurde....

mal eine pause hilft aber vielleicht herauszufinden wie ich wieder begegnen will und schafft raum, strategien zu entwicklen.
ich habe als kind meiner eltern die wahl MEIN verhalten, MEINE kommunikation und MEINE entwicklung diesbezüglich zu beeinflussen - wenn nötig mit hilfe.

früher hat mir meine mami auch mit ihrem leben gedroht, so wie polly das beschreibt... wenn sie heute sowas sagt, dann begegne ich ihr als tochter und nicht mehr als emotional überlegene erwachsene.
es war nicht einfach, das rollenverhältnis wieder herzustellen....aber nötig, damit ich vergeben und sie wieder mami sein konnte.

www.elterncoach.ch