Als Kind geschlagen, heutiges Verhältnis zu den Eltern?

Polly
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 27.12.2007
Beiträge: 72
Es ist spannend zu lesen, wie jeder mit solchen Verletzungen umgeht. Ich weiss, dass jeder für sich einen Weg finden muss. Aber mir tut es gut zu lesen, dass ich meiner Mutter zu einem runden Geburtstag auch nur eine Karte schicken darf und deswegen kein Unmensch bin. Mehr kann ich einfach nicht. Und trotzdem, der Gedanke daran, dass sie ganz alleine zu Hause sitzt, niemand kommt, bricht mir fast das Herz und doch kann ich mich nicht für mehr überwinden. Es wäre absolut nicht ehrlich und schon nur die Fahrt zu meiner Mutter würde mir Magenschmerzen machen.
Ich rede mit meinen Geschwistern darüber, aber was bringt das? Mein Problem ist, dass ich nebst dem Groll so viel Mitleid für sie empfinde. Sie hat niemand, ist ein psychisches Frack, hat keine Lebensfreude, ist so verletzend zu ihren Mitmenschen aus lauter Frust..und doch weiss ich, dass sie die Schuld trägt, dass sie heute diesen Tiefpunkt erreicht hat. Was mich dann auch traurig macht, sie sieht es nicht so, sie fühlt sich von allen verlassen. Ich bin jedenfalls froh für diesen Austausch hier, danke euch.
~Tornado~
Dabei seit: 25.01.2005
Beiträge: 1384
@blue64

das habe ich gestern um 15 uhr ja auch geschrieben....

an die befreiung glaube ich aber nicht nachhaltig....die ist nur in einer ersten phase vorhanden...

ICH erlebe (in unserer familie selbst), dass der abbruch immer wieder hervorkommt, immer wieder emotionen aufwirft, immer wieder an die schmerzlichen erfahrung erinnert...und es eben keine lösung sondern nur ein anderer umstand ist...

ich glaube und erfahre aber auch, dass kontakt sehr schmerzen kann und das man sich davor natürlich auch gerne schützen möchte und vielleicht auch muss....

darum würde ich das nie werten wollen....

www.elterncoach.ch
Barbabottine
Dabei seit: 02.06.2010
Beiträge: 1387
Ich verstehe nicht ganz warum man bei Familienmitgliedern, mit denen man mehr als nicht auskommt, so ein Theater macht. Ich bin da vielleicht etwas zu pragmatisch. Man kann sich durchaus eingestehen, dass man mit Verwandten nicht auskommen kann und deswegen den Kontakt abberechen. Naja, bei mir ging das auf alle Fälle ganz gut. Obwohl ich die Person hin und wieder sehen muss. Aber ausser knapp grüssen ist der Kontakt vollkommen gekappt.

An it harm none do what ye will
Paulina
Dabei seit: 01.01.2002
Beiträge: 157
Ich habe mit meinen Eltern schon seit Jahren keinen Kontakt mehr. Der Wunsch war auch von ihrer Seite.

Der Grund war, dass ich meiner Mutter sagte, dass wir als Familie das schwere Schicksal Ihrer Tochter/meiner Schwester nicht hilfreich tragen können, da wir als Familie kein Zusammengehörigkeitsgefühl haben. Meine Schwester starb an ALS (ist eine schreckliche Nervenkrankheit). Dies ist wie geschrieben schon einige Jahre her.

Heute ist der Stand so, dass ich der Meinung bin, dass man ein schönes Verhältnis auch zu anderen Menschen aufbauen kann, welche auch nicht verwandt sind.

Ich habe so einen wunderbaren Menschen gefunden und fühle mich X-mal mehr willkommen und aufgehoben als bei meinen Eltern. Ich kenne diese Frau schon 25 Jahre.

Sicher kommt ab und zu der Gedanke, dass es schade ist, dass ich keinen Kontakt mehr habe zu meinen Eltern. Aber dies ist nicht mehr mit Emotionen verbunden sondern einfach eine Feststellung.
Sinalco
Dabei seit: 23.04.2003
Beiträge: 1255
Ich denke, dass die Liebe darüber entscheidet, wie sehr die Schläge aus der Kindheit unser heutiges Verhältnis zu den Eltern prägen. Meine Freundin sagte mal, egal was ihre Mutter gemacht hat und machen wird, sie weiss, dass ihre Mutter sie liebt und immer und jederzeit hinter ihr steht. Dies kann ich von meiner Mutter nicht behaupten. Ich glaube nicht, dass sie mir gegenüber jemals echte Muttergefühle hatte und dies ist wohl der Grund, warum ich ihre Gefühlslosigkeit all die Jahre hindurch nicht verzeihen kann. Trotz den Negativ-Gefühlen ihr gegenüber, fühle auch ich mich irgendwie verpflichtet. Seit ich aber daran arbeite, diese Verantwortung abzugeben (gedanklich, an irgend wen), komme ich besser mit ihr klar und kann mich auch emotional besser abgrenzen.
Gruss
S.

You don't get always what you want - you get what you need!
Gufechnopf
Dabei seit: 18.03.2007
Beiträge: 3509
Wenn ich das Posting von Sinalco lese, dann muss ich zugeben, meine Mutter liebt mich schon. Sie ist irgendwie auch stolz auf mich. Aber ihre eigene Geschichte und ihr ganz eigenes Weltbild verhindert es, sich mit dem Gegenüber ehrlich und echt auseinander zu setzen.
Als meine Mutter sieht sie sich im Recht, mich so zu manipulieren - auch mittels verbaler Gewalt - bis ich in ihr Weltbild passe. Und wenn ich das nicht will, dann bin ich eben böse und psychisch krank so wie mein Vater, der in ihren Augen Schizophren war.
Projektion pur.

= wer nicht ist, wie sie will, ist krank.


Ich habe in sehr vielen Büchern nach Antworten gesucht. "Die Masken der Niedertracht" hat mir geholfen, sowie ein Borderline Buch. Auch wenn meine Mutter nicht BL hat, so habe ich darin viele Antworten gefunden und kann heute meine Vergangenheit und was da passiert ist, besser akzeptieren. Durch die OP und Kur hatte sie mit vielen Ärzten zu tun. Und wenn immer ich erwähne, dass ihr Verhalten wohl auf eine beginnende Demenz hinführt, widersprechen die mir und sagen, dass da wohl noch mehr ist.

Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut (und Phantasie), Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
~Tornado~
Dabei seit: 25.01.2005
Beiträge: 1384
@Barbabottine

ich denke eine wirkliche rolle spielt es bei den eltern, wenn man dann auch da gross geworden ist. wenn einst diese abhängikeit die man als kind hat gemeinsam gelebt wurde....denn da findet ja auch die grösste verletzung statt. wir waren abhängig und wenn eltern dies mit gewalt und macht ausgenutzt und uns damit verletzt haben, wird dies ein lebensbegleiter sein....für alle etwas anders und für alle unterschiedlich prägend. hierzu ist es sehr interessant die bindungstheorie zu lesen.

ich habe zu meinen onkels keinen kontakt mehr und obwohl mich das auch mal verletzt hat, ist es für mein leben nicht wirklich entscheidend und wichtig. das geht auch gut ohne die alten herren icon_wink.gif

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