Auswandern mit Kindern - Darf man als Eltern so egoistisch sein?

carola
Dabei seit: 07.01.2002
Beiträge: 643
Blue: "Er ist im ersten Lehrjahr - also bricht er jetzt ab, dann verliert er nicht wirklich viel. "

das mein ich mit geringschätzung. auch wenn du mit "viel" den lernstoff in der zeitspanne gemeint haben magst: eine tolle lehrstelle zu haben, sich für einen beruf entschieden zu haben, den weg vor sich zu sehen und die ausbildung motiviert und planmässig durchziehen zu wollen, einen eigenen lohn zu erarbeiten und die aussicht, in drei jahren einen (ersten) berufsabschluss in der tasche zu haben: das IST viel. darüber, wie die alternative dazu in NL wirklich aussehen würde, wissen wir ja nichts...
GabrielaA
Dabei seit: 18.10.2002
Beiträge: 5446
Es gibt Jugendliche, die schreiben viele Bewerbungen, bis sie endliche eine Lehrstelle gefunden haben. Wie erwähnt, unser Ältester kommt im August ebenfalls in die Lehre. Er kann seinen gewünschten Beruf lernen, er kann hier im Ort in die Lehre, er schrieb nur 2 Bewerbungen für die Lehrstelle, wobei er die eine selber absagte (Zusage auf 1.Bewerbung). Für IHN wäre es eine Katastrophe an einem völlig unbekannten Ort neu zu beginnen. Die Frage stellt sich auch, welche Aussichten ein Jugendlicher dort hat. Abgesehen davon, dass der Jugendliche gar nicht WILL.

Oft wandern Familien aus, weil sie sich am neuen Ort ein besseres Leben erhoffen. Sind wir ehrlich, wenn jemand hier glücklich und zufrieden ist, muss er auch nicht auswandern. Ich wechsle z.B. auch nicht den Job, wenns mir dort gefällt und ich zufrieden bin.

Vor 20 Jahren kauften wir unser heutiges Haus einer Familie mit kleinerem Kind ab, welche auswandern wollte. Diese Familie zog aber erst 1 Jahr zuvor in das Haus. Kurz darauf erhielten sie die Bewilligung, dass sie auswandern dürften. Sie kamen quasi in Zugzwang, da sie nun ein Eigenheim hatten und dies verkaufen mussten. Zu dieser Zeit fiel der Hypozins, die Immobilien wurde viel günstiger verkauft, usw.

Der Termin zum Auswandern rückte immer näher, sodass sie schlussendlich das Haus unter ihrem Preis verkaufen mussten - da wir die einzigen waren, die es wollten. Ihre Worte zum Schluss waren:
"Falls irgendwelche Rechnungen auf unseren Namen kommen, vernichten Sie sie bitte und sagen Sie, sie wüssten nicht, wohin wir gehen". Sie hinterliessen scheinbar auch keine Adresse, da sie weit weg gingen und dort keine Ahnung hatten, wo sie erst wohnen und leben würden, hatten noch keinen Job nichts. Einzig die Adresse von Freunden, die dort wohnten.

Wir haben nie mehr was von ihnen gehört. Nur fragten wir uns immer wieder, wie man "einfach so" auswandern kann.

Es gibt also durchaus Leute, die das Gefühl haben, anderswo sei es besser, ohne vorher alles genau und sorgfältig abgeklärt und geplant zu haben.
Universum
Dabei seit: 13.05.2013
Beiträge: 1515
Der Junge WILL seine Lehre nicht abbrechen! Und wenn er das nicht will, ist das keine starre Lebenseinstellung- das bestimmst auch DU Blue nicht...

Versprich nichts, wenn Du glücklich bist.
Antworte nicht, wenn Du wütend bist
und triff keine Entscheidungen wenn Du traurig bist.

Autor unbekannt.
Blue64
Dabei seit: 20.08.2003
Beiträge: 1456
"Universum" schrieb:

Der Junge WILL seine Lehre nicht abbrechen! Und wenn er das nicht will, ist das keine starre Lebenseinstellung- das bestimmst auch DU Blue nicht...


Jetzt krieg dich wieder ein - ich bestimme nichts; meine Meinung sage ich, ob's dir passt oder nicht.
Und wenn ein 16-Jähriger immer wieder hört, dass es am Wichtigsten ist, diese eine Ausbildung jetzt gleich und sofort auch durchzuziehen, dann will er diese sicher nicht abbrechen.
Wenn er aber hört, dass es auch eine Chance sein kann, jetzt mit 16 auch mal - ev. halt nur mal für ein Jahr - etwas Neues kennen zu lernen, dann sieht er ev. ein, dass er jung genug ist für einen Weg, der halt nicht kerzengerade ist. Und wenn er dann mit 17 immer noch den Wunsch hat, nur diese eine Ausbildung zu machen, kann er das durchziehen, und ist aber mit 17 und einem Jahr in einer neuen Umgebung mit Sicherheit reifer, ev. allein in der Schweiz zum Beispiel in einem Lehrlingsheim wohnend, diesen Weg zu beginnen!



Ich denke, also bin ich hier falsch !
goodie
Dabei seit: 12.11.2011
Beiträge: 3198
Das kann er aber auch nach der Lehre noch machen, dann ist er garantiert nicht zu alt. icon_eek.gif

„Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg."

Mahatma Gandhi
yucca
Dabei seit: 08.02.2007
Beiträge: 3069
Ich denke gerade bei einem Jugendlichen der im Alltag/Berufsleben Fuss fassen will/muss, ist dessen Entscheid von den Erziehungsberechtigten zu akzeptieren. Was aber nicht heisst, Kompromisse einzugehen. Denkt man an die ganze soziale Sicherheit die wir durch unsere Demokratie hier geniessen, kann ich es durchaus verstehen,wenn sich Jugendliche quer stellen um hier erstmals richtig Guss zu fassen, eine Lehre abzuschliessen um auf eigenen Beinen zu stehen. Zum reisen/auswandern bleibt ihnen noch genug Zeit wenn sie diesen Wunsch verspüren. Kinder und Jugendliche übergeht man nicht einfach um seine Träume umzusetzen.

Auch aus Steinen, die in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.
Blue64
Dabei seit: 20.08.2003
Beiträge: 1456
"goodie" schrieb:

Das kann er aber auch nach der Lehre noch machen, dann ist er garantiert nicht zu alt. icon_eek.gif


Sicher könnte er - er könnte auch mal brav arbeiten und sparen, damit er sich dann ein Auslandsjahr leisten kann - er könnte auch brav arbeiten gehen und sparen und 2.Ausbildung, um mehr zu sparen und so Chancen für einen eigenen Auswanderung zu haben ... etc. etc...

.. und irgendwann steht er genau an dem Punkt, an dem Möwe nun steht: er stünde am letzten noch irgendwie möglichen Zeitpunkt.

Es geht nicht darum, was er KÖNNTE, es geht nur darum, dass weder der Wunsch der TO dermassen unmöglich ist noch, dass er egoistisch ist, noch, dass es mit einem 16-Jährigen unmöglich wäre!

Ich denke, also bin ich hier falsch !
KlaraM
Dabei seit: 01.03.2013
Beiträge: 1770
@GabrielaA

Du kannst dir das vielleicht nicht vorstellen, aber es gibt durchaus Leute, die mit ihrem Leben zufrieden sind und sich dennoch weiterentwickeln wollen. icon_eek.gif
KlaraM
Dabei seit: 01.03.2013
Beiträge: 1770
Was mich an der Diskussion wundert, ist mehr die Klarheit, dass entweder jetzt oder nie. Ich sehe nicht ein, warum die Situation in zwei oder drei Jahren schwieriger sein soll. Auch jetzt ist ein Kind in der Ausbildung.

Im Übrigen gehe ich mit Blue einig. Für mich ist der Wunsch an sich nicht egoistisch, sondern ganz legitim. Bloss die Umsetzung kann je nach Situation egoistisch sein.
ibex
Dabei seit: 11.07.2012
Beiträge: 546
Von +- Oberstufe bis Abschluss Ausbildung/Volljährigkeit leben Jugendliche in zwei Welten. Einerseits im Elternhaus, dem sie noch nicht vollständig entwachsen sind und anderseits auch schon in ihrer eigenen Umwelt. Wenn man hier den Wohnort wechseln will, geht das nur im Einverständnis aller und allfällig tragbarer Kompromisse oder einer absoluten Notlage.

Ich hätte wenn ich einen solchen Wunsch gehabt hätte, diesen entweder früher umgesetzt oder würde die ca. 8 Jahre noch weiter zuwarten bis die Kinder draussen sind oder zumindest selbständig genug alleine zu wohnen.