Darf man den Kontakt zur eigenen Mutter abbrechen?

Platibus
Dabei seit: 08.10.2005
Beiträge: 239
"Man" darf vieles...

Vor Jahren sah ich mich mit einer ähnlichen Situation konfrontiert, ich fühle sehr mit dir! Ich überlegte mir damals einfach, was es denn eigentlich ist, was mich an diese Person bindet und kam zum Schluss, dass es schlicht und einfach mein schlechtes Gewissen ist. Nicht Liebe, nicht Verantwortungsgefühl, nicht Familienbande, nein, einzig und allein schlechtes Gewissen meinerseits und sonst gar nichts. Mal ganz davon abgesehen, dass deine Mutter das sehr wohl weiss, ist das ja kein sehr guter Grund für einen Kontakt.

Damals habe ich den Kontakt einseitig abgebrochen, das heisst, ich gab immer mal (z.B. an Weihnachten, Geburtstagen) Lebenszeichen von mir, mailte Fotos von den Kindern und erzählte so das nötigste was lief in unserer Familie. Ihre Briefe aber las ich nie und auch ans Telefon ging ich nicht, kommunizierte das aber ganz klar und von Anfang an.
Nach einer (langen) Weile versuchte ich es wieder mit Kontakt, brach diesen aber sofort wieder ab, wenn von der andern Seite wieder Schuldzuweisungen etc kamen.

Es kann ja schliesslich nicht sein, dass ich nur Prügelknabe und Güselkübel ihrer Probleme sein sollte. Davon habe ich mich klar abgegrenzt. Aber es dauerte viele Jahre, bis diese Taktik Früchte trug.

Und noch etwas: Wer sein Kind schlägt, der disqualifiziert sich selber als Mutter!
Sonnenblume
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 10.07.2009
Beiträge: 78
Platibus, du bringst es ganz genau auf den Punkt. Aufgrund deiner Antwort habe ich mir überlegt was mich an meine Mutter bindet und es ist ganz klar Schuldgefühle und Mitleid. Sonst absolut nichts! So wie du deine Situation beschreibst und damit umgegangen bist, wäre evtl. eine Alternative für mich. Zwar "Lebenszeichen" von sich geben, aber mehr nicht. Mhhhh.... am meisten liegt mir auf dem Magen, wie gehe ich mit Muttertag, Geburtstag und Weihnachten um? Hast du da auch jeweils eine Karte geschrieben oder Zeit mit deiner Mutter verbracht?
Platibus
Dabei seit: 08.10.2005
Beiträge: 239
Sali Sonnenblume! Ja genau, Weihnachts- und Geburtstagskarten waren das, später dann auch ab und an eine Mail, wenn bei uns Besonderes los war. Ich wusste ja, wie sehr sie meine Kinder eigentlich liebte, weshalb ich ihr nicht vorenthalten wollte, wie sie wachsen, was sie so tun. Aber es kann ja nicht sein, dass sie dann sogar meine Kinder angiftelte, da war dann mir einfach Schluss.

Ich sagte damals ganz klar, dass ich sie nicht aus meinem Leben ausschliesse. Wenn sie etwas Positives beitragen möchte, so darf sie dies gerne tun. Als ich dann nach langer Zeit wieder einmal anrief, war ihr erster Satz sofort: "Warum hast du so lange nicht angerufen? Warum hast du meine Anrufe nicht entgegen genommen?" Darauf sagte ich einfach ruhig und bestimmt: "Ich rief an um mit dir zu sprechen und nicht, um Vorwürfe einzukassieren! Deshalb hänge ich jetzt auf, denn so möchte ich nicht mit dir sprechen. Tschau!"

Es brauchte dann aber tatsächlich mehrere Anläufe, bevor sie kapierte, wie es lief. Auch heute noch verfällt sie immer wieder in das alte Rollenmuster, worauf ich die Anrufe immer sehr schnell beende. Man muss halt konsequent sein, auch wenn das beinhaltet, dass man über eine sehr lange Zeit nicht mehr miteinander telefoniert.

Mir geht es übrigens glänzend damit. Alle alten Geister sind gebannt und wenn sie mal wieder irgendwo herankriechen und mich oder meine Familie bedrohen, wird sofort wieder abgeklemmt. Alles, was mir oder meiner Familie schadet ist schlecht, das lasse ich nicht in mein Haus hinein. Und wenn es die Mutter ist, bitte sehr, sie hat es selber in der Hand!
Emiliasophia
Dabei seit: 27.02.2005
Beiträge: 96
@Sonnenblume
Habe dir eine PN geschrieben!LG Emi

Was mich nicht umbringt, das macht mich stark =o)
Dolphin2002
Dabei seit: 06.07.2007
Beiträge: 136
ich habe nun nichtalles gelesen. doch ich kann dir aus eigener erfahrung sagen MAN DARF.
ich hatte mit meiner mutter 1 1/2 jahre keinen kontakt mehr.

es tat mir verd... weh, doch zu dem zeitpunkt war es für mich die richtige entscheidung. nun ist es gut 2 jahre her, dass wir wieder kontakt haben. und es ist fast besser als zuvor.

meine mutter hat auch ein alk problem. sie hat es jedoch mittlerweilen im griff, wenn man das so sagen kann. sie trinkt zwar noch immer ihren wein und auch mal einen apero, jedoch nicht mehr so im übermass wie früher immer. sie hat erkannt, dass sie zum wohle ihrer enkel kürzer treten muss.

ich bin froh, wieder so ein gutes verhältnis mit ihr zu haben.

Wenn Du denkst es geht nicht mehr,
Kommt irgendwo ein Lichtlein her.
giba11
Dabei seit: 06.08.2008
Beiträge: 809
@Sonnenblume
Ich teile die Meinungen der anderen und würde auch auf Distanz gehen.
Die Lösung von Platibus finde ich super. Einfach ist das sicher nicht, sich so abzugrenzen. Aber ich glaube für Dich und Deine Familie sehr wichtig. Schreibe Dir auf, was Du sagst oder tust, sobald die Vorwürfe und die Dir schadenden Sachen kommen. Bereite Dich vor dem nächsten Kontakt darauf vor. Sachlich bleiben. Wenn man aufgewühlt ist, ist das schwierig. Deswegen vorher darauf vorbereiten und lernen sich abzugrenzen.

Du tust dies für Dich und Dein Wohlbefinden.
Für das eigene Wohlbefnden ist jeder selber verantwortlich. Man kann niemand anderem die Verantwortung zu schieben. Deswegen übernimmst Du nun die Verantwortung für Dein Wohlbefinden. Und im Moment bedeutet das wohl, dass Du den Dir schadenden Kontakt zur Mutter abbrichst. Oder nur so weit aufrecht erhälst, wie es für Dein Wohlbefinden stimmt.

Und für das Wohlbefinden Deiner Mutter bist nicht Du verantwortlich. Sondern sie selber. Sie bestimmt selber, wie sie mich sich und ihrem Leben umgehen will. So lange sie ihr Leben nicht selber in den Griff nehmen will und etwas ändern will, bringt wohl alles nichts oder nicht viel. Ich denke, da muss sie jetzt einmal selber durch.

Ich weiss nicht, was Dir am besten liegt. Wie Du Dir am besten helfen kannst. Aber es ist wichtig, dass Du die vergangenen Erlebnisse verarbeiten und loslassen kannst. Es ist klar, sie sind geschehen, nichts kann sie ungeschehen machen. Aber man kann sie verarbeiten und machen, dass sie nicht mehr im Körper gespeichert bleiben und Dir nicht mehr schaden. Bei Dir sind sehr viele Emotionen im Spiel. Diese können sich auch im Körper speichern und schaden. Aber man kann sie auch auflösen und unschädlich machen. Wenn Deine gespeicherten Belastungen aufgelöst sind, dann fällt es Dir ganz bestimmt viel leichter, Gelassen und Ruhig zu sein beim nächsten Kontakt mit Deiner Mutter. Und sollte sich doch wieder erneut Schuldgefühle oder andere negativen Gefühle festgesetzt haben; sofort wieder auflösen.

Eine Methode, mit der man das Auflösen von Belastungen machen kann, ist die Tierra-Sol-Methode von Hedy Lötscher.

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft, Mut und Zuversicht für Dich, Deine Familie und den Umgang mit Deiner Situation.

Nùme Muet, aus chùnnt guet!
Filou71
Dabei seit: 10.02.2004
Beiträge: 96
Hallo Sonnenblume !

Ich habe eine "ähnliche" tragische Geschichte hinter mir und habe seit Jahren den Kontakt zu meiner Mutter abgebrochen.
Ich wurde als Kind geschlagen, gehasst (weil ich ein Mächen !!! war), wurde angeloggen (und immer war mein Vater an allem Schuld). Sie war einfach unfähig ein Kind grosszuziehen (meine Grossmutter bekam das Sorgerecht für mich) Als ich fast 7 wurde, ist sie einfach gegangen (nach Deutschland zurück) und habe mich (zum Glück) bei meinem Vater gelassen. Hat aber meinen Bruder (der war damals knapp halbjährig) mitgenommen. Als mein Vater am Abend nach der Arbeit nach Hause kam war sie einfach weg... Nachdem auch noch mein Bruder weggelaufen ist, war sie wieder alleine und plötzlich kam ihr in Sinn, dass sie noch eine Tochter hat. Sie versucht immer wieder den Kontakt aufzubauen, was ich aber konsequent ablehne. Ich habe ihr auch den Grund gesagt und seitdem geht es mir wieder besser. Sie wohnt wieder in Deutschland und die Distanz ist sicher einen grossen Vorteil für meine "Ruhe...