Der Birchermüeslipolizist

Moderator Florian
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Blog von Ümit Yoker vom 25. September 2015
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Der Birchermüeslipolizist

Vom Recht, seinen Kindern aus jedem Ofen der Welt Schinkengifpeli hervorzuzaubern.

Dresden, habe ich kürzlich gelesen, macht sich Sorgen, dass bald die ausländischen Wissenschaftler fernbleiben. Die ostdeutsche Stadt ist angesehener Forschungsstandort, aber eben auch Geburtsstätte der Pegida-Bewegung und in den letzten Monaten ist der Alltag für Ausländer kaum leichter geworden dort. So zitiert die ZEIT einen Biotechnologen, der montagabends das Haus nicht mehr verlässt, weil dann die fremdenfeindlichen Demonstranten durch die Stadt ziehen. Und eine Doktorandin aus Indien erzählt, wie sie kürzlich im Treppenhaus angeschnauzt wurde, sie solle sich endlich anpassen, schliesslich lebe sie in Deutschland. Ihr Nachbar störte sich nach fünf Jahren problemfreien Nebeneinanderlebens auf einmal daran, dass sie indisches Essen zubereite.

Ist der Gute denn vollkommen bescheuert? Es ist schon erstaunlich, was sich manche Menschen unter «Integration» so alles vorstellen, auch in der Schweiz. Und welch Wunderwirkung man sich wohl davon erhofft, wenn eine Inderin zu Hause Sauerkraut kocht? Als sei der Migrant ein Mensch, der mit dem Eintritt in ein neues Land sämtliche bisherigen Daten in Herz und Hirn löscht, damit diese fortan frisch beschrieben werden können. Als befinde sich die Person in einem Vakuum frei jeglicher Pflichten wie Arbeiten, Kinder erziehen, Haushalt führen und habe deshalb endlos Zeit, den Lebensalltag von Grund auf neu zu gestalten, die Konstruktion von deutschen Relativsätzen zu üben und sämtlichen Vereinen im Dorf einen Besuch abzustatten. Und bevor die nächste Spätschicht im Spital ruft, liegt doch bestimmt noch ein Rehschnitzel nach Schaffhauser Art oder Munder Safranrisotto drin, oder? Zwar wäre der ganzen Familie mehr nach Biryani. Aber dann beschwert sich ja wieder der Birchermüeslipolizist.

Dabei wollen wir doch gerade als Eltern mit dem, was wir kochen, auch ein wenig eigene Kindheit mit unserem Nachwuchs teilen. Vielleicht erinnern wir uns daran, wie toll wir die Kombination von Scheibenkäse, Schinken und Ananas auf Toast einst fanden, wie unvergleichlich gut Pommes frites am Ende eines langen Nachmittags in der Badi schmeckten oder wie uns das Seeli im Kartoffelstock faszinierte, der Zopf, der im Ofen langsam aufging. Ich auf jeden Fall möchte, dass meine Kinder auch als Lissabonner wissen, wie Schinkengipfeli und Öpfelchüechli schmecken, und glücklicherweise hat mich hier bisher noch niemand angeherrscht, ich solle meinen Söhnen gefälligst überbackenen Stockfisch auftischen. Sollte die portugiesische Ausführung des Birchermüeslipolizisten aber wider Erwarten existieren, darf der Gute gerne an meiner Tür klingeln. Dem setz ich grad ein Raclette vor.


Blue64
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Oh ja, "Mamas Küche": eingesetzt bei Heimweh, bei Festtagen, bei Familienzusammenkünften, etc..

Und nie werd' ich den Ausdruck des Nicht-Verstehen-Könnens im Gesicht der Verkäuferin in der Metzgerei vergessen, als ich für ein Wiener Rindsgulasch "Wadschunken" verlangte, oder den der Verkäuferin in der Migros, als ich für ein Wiener Schnitzel "Semmelbrösel" suchte! 😂

Ich denke, also bin ich hier falsch !
goodie
Dabei seit: 12.11.2011
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Haha Blue64 der war gut.

Ja Mamas Küche war einfach die beste. Ich hoffe meine Kinder sagen das auch mal von mir. Obwohl meine Erinnerungen sehr wage sind an das Essen, aber an die Fischpfanne samt Augen sehe ich jetzt noch vor mir, das war jedes mal ein Festessen, oder den Topf voller Muscheln oder die Artischocken mit der feinen Aioli.... meine Kinder würden die Augen verdrehen....icon_rolleyes.gificon_rolleyes.gif

„Es gibt keinen Weg zum Frieden, denn Frieden ist der Weg."

Mahatma Gandhi
yucca
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Beiträge: 3069
Auch ich schwelge, wenn ich an Mutters Kochkünste denke icon_smile.gif
U.a. liebte ich das Rotkraut welches sie zubereitete. Ich ass jeweils nur dass, und brauchte nichts anderes mehr. Oder ihre Salatsauce, ohne Majo, Joghurt usw. aber mit 3,4 verschiedenen Essig. Auch Kaninchenragout mit "Härdöpfelstock" war ein Gedicht. All diese feinen Dinge, koche ich auch aber geschmacklich bleibt es unerreicht icon_biggrin.gif
Meine Kinder finden dass ich am besten kochen kann, was mich natürlich sehr ehrt. Mein Sohn sagt mir fast täglich " Mama du hast fein gekocht" und meine Tochter geniesst die Resten zum znacht oder am nächsten Tag zu zmittag icon_smile.gif

Auch aus Steinen, die in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen.