liebe au-pair06
Vielen Dank für deine Antwort! Ich verstehe dich so gut, ich kenne das bestens, den ganzen Tag dieses unglaubliche Verlangen nach Essen...Bei mir hat ein Diätversuch nur bewirkt, dass ich noch zwanghafter gegessen habe als vorher.. Bei mir ist es wohl ähnlich-binge eating oder wie wir bei OA auch sagen, zwanghaftes Überessen.
Das was du schreibst von wegen eigenartig: ja, genauso ging es mir auch, als ich das erste Mal auf der OA-Homepage war. Und als ich ans erste Meeting ging, verstand ich zuerst einiges nicht. Ich verstehe dich von daher sehr gut! Ich kann dazu nur sagen: ich kenne z.B. einige Freikirche und so, und bin da recht kritisch und "allergisch" auf gewisse Dinge. Und so ists definitiv nicht in einer OA-Gruppe! Ich hatte auch Angst vor dem Sektenhaften, aber ich merkte schon beim 1. Meeting, dass es nicht so ist, ganz im Gegenteil, so vom eingeengt oder bedrängt sein her. Da ich in solchen Dingen überempfindlich bin, hätte ich mich niemals wohlgefühlt in einer Gruppe. Da es aber einige Besonderheiten gibt, wirkt OA schon ein wenig so.
Ich kann dir als Beispiel sagen wie so ein Meeting abläuft: wir haben immer abwechslungsweise ein Thema, das wir frei wählen oder wir lesen im OA-12-Schritte-Buch (das ist das Programm) und sprechen dann darüber. Da sind dann die Regeln schon mal speziell: wenn man etwas sagen will, sagt man jedesmal "ich heisse xxx und bin essüchtig" o.ä. Das mutet natürlich zuerst sehr komisch an, hat aber einen Sinn, dass man lernt, zur Sucht zu stehen. Und dann ist es so, dass man das was gesagt wird, nicht kommentiert. Also jemand sagt etwas zum Thema, und es geht eigentlich dann niemand direkt drauf ein. Das ist auch sehr komisch, aber auch das hat einen Sinn: man lernt, die andern nicht zu verurteilen und unangebrachte Tipps zu geben.
Für mich ist jedes Meeting wieder ein Auftanken und ich fühle mich dort akzeptiert, egal wie unmöglich ich wieder gegessen habe...
Diätpläne haben wir ja keine. Die meisten OA's haben aber einen Essplan, den sie selber erarbeitet haben mithilfe eines erfahrenen OA-Mitglieds (oder auch noch Ernährungsberaterin oder sonst einer Fachperson). Der einfachste Essplan ist z.B. 3 Mahlzeiten und nichts dazwischen. So habe ich angefangen und versuche nun schrittweise die Suchtmittel zu reduzieren, bzw. "abzusetzen" und die Mengen zu begrenzen. Das fällt mir aber unglaublich schwer, und da ich so extrem immer genascht habe, beim Kochen, Küche aufräumen etc etc habe ich da extrem Mühe, eine Mahzeit abzuschliessen...
Dazu kommt das 12-Schritte-Programm, das aber auch jedem freisteht, ob und wie er da drin arbeitet. Ich bin da auch dran mit diesem langjährigen OA-Mitglied. Der 1. Schritt ist z.B. "Kapitulation": "wir gaben zu, dass wir dem Essen gegenüber machtlos waren..."
In welcher Gegend wohnst du? Am besten ists, mal ein paar Meetings zu besuchen, und sich nicht abschrecken zu lassen von diesen "komischen" Dingen! Mit der Zeit versteht mans dann besser.
Und übrigens, in den Gruppen sind nur selber Betroffene, es gibt keine Leiter und Fachpersonen. Ich muss sagen, es ist für mich unglaublich, was ich alles lernen kann von andern OA-Mitgliedern, und es ist so ganz anders als bei Therapeuten etc, die das Problem nicht selber kennen. Und den Austausch empfinde ich als sehr wertvoll, und eben überhaupt nicht so wie z.B. hier im Forum ja oft, dieses Verurteilen...