süchtig

chnöpfli
Dabei seit: 16.03.2004
Beiträge: 646
Ich habe gerade letztes Jahr ein Kind von jemandem den ich "kenne" ein paar Monate betreut. Ich sehe die Frau vielleicht 4x im Jahr für ein paar St. durch eine Bekannte. Ich weiss das sie vor Jahren mal Heroinabhängig war. Als ich sie kennen lernte war sie aber schon lange clean und nie hätte ich es ihr angesehen das es mal anders war. Sie hatte immer einen liebenswürdigen Umgang mit ihrem Kind,bekam dann sogar noch eins. Das Ältere hatte bereits Heimerfahrung eben durch die Probleme am Anfang. Als das zweite Kind kam machte ich mir keine Gedanken,schliesslich war sie schon lange clean. Irgendwann der Anruf von jemandem der ihr Nahe steht: kannst du das kleinere Kind nehmen für einige Zeit? Da wir Pflegfamilie sind haben wir alles geregelt und das Kind ein paar Monate zu uns genommen. Bisher dachte ich immer dem Kind gehe es gut,es hatte den Anschein. In der Zeit als es bei uns war bemerkten wir immer mehr wie gross seine Vernachlässigung gewesen sein muss. Nicht Materiel aber seelisch. Es war emotional absolut depriviert,gar nicht in der Lage Beziehung auf zu bauen. Es ist völlig Bindungsbeeinträchtigt und Verhaltensaufällig. Wir waren ehrlich erstaunt,hatten nie was bemerkt vorher. Es war sehr schwierig mit diesem Kind in den paar Monaten und die Zusammenarbeit mit der Mutter immer wie energiefressender. Ich sprach mit den zuständigen Fachpersonen darüber und fragte warum hat man nicht vorher in die Familie hinein geschaut,wusste man doch schon den ersten Weg des grösseren Kindes. Es wurde ehrlich gesagt auch von den Behörden einfach versäumt! Das Leben der Frau scheint nach Aussen hin sehr geregelt und in der Tat gibt es nicht all zu viel zu bemängeln. Doch Anhand des seelischen Zustandes des Kindes muss eben doch vieles schief gelaufen sein. Ich denke die mangelnde Aufmerksamkeit (durch die Phasen in der sie zugedröhnt war) hat dem Kind geschadet. Es war viel auf sich alleine gestellt. Und sie hat es aus Bequemlichkeit "klein" gehalten. Es war stark entwicklungsverzögert,kannte keinen richtigen Tagesablauf,regelmässige Mahlzeiten usw. In den wenigen Monaten hat es vieles aufgeholt,nur das emotional deprivierte wird sehr,sehr lange brauchen. Es muss in Zukunft prof. Hilfe dafür bekommen und ob es jemals Vertrauen in ein Familiensystem entwickelt ist nicht sicher!

Das Kind ist übrigens erst 3,5 J. ! Gibt zu denken,warum so eine Familie durch die Maschen fällt. Sie will eine gute Mutter sein,gibt sich Mühe und hat vieles geschafft. Und trotzdem hat das alles Auswirkungen. Offenbar ganz leise-im Innern des Kindes!

Wie es endete?! Das Kind ist zurück zur Mutter. Sie bekommt eine weitere Chance. Hat versprochen ein Methadon Programm zu machen. Ihr Partner ist weiterhin Heroinabhängig. Die Behörde hat ein Auge hat man mir versichert. Es sind viele Hilfsangebote vorhanden-sie braucht sie nur zu nutzen. Es bleibt zu hoffen das es ein gutes Ende nimmt. ich bin zugegeben etwas skeptisch und habe meine Bedenken auch geäussert so wie mehrere Lösungsvorschläge auch mit den behörden besprochen. Es liegt aber nicht in meiner Hand,die Behörde muss es entscheiden.

Be-oder gar Verurteilen will ich die Mutter nicht. Es ist ihr Leben das sie gewählt hat und leben tut. Es ist ihr Recht. Das Kind muss dieses Leben mit-leben ob es will oder nicht. Ich hoffe sie hat das in Zukunft vor Augen und im Gedanken. Und es bleibt zu hoffen das die Zuständigen bei den Hausbesuchen nicht nur mit den Augen schauen sondern auch ihr Gspühri mit nehmen. Denn ein Besuch von 2 St. kann oft nicht Aufschluss darüber geben wie es einem Kind wirklich geht!

@clexi
ich finde es gut das du hin schaust. Wie du helfen kannst ist eine sehr schwierige Frage. Die Frau lebt mit der Sucht und nur sie kann entscheiden und handeln ob sie diese in Griff bekommt. Dafür braucht sie prof. Hilfe. Erst mal einen Enzug in einer Einrichtung,ohne Kind. Dann kann man weiter sehen wie man einen Alltag mit Kind gestalten kann als Familie. Es kann funktionieren oder auch nicht. Wenn der Partner weiterhin anhängig ist dann ist die Verlockung immer sehr gross und Erfahrungswerte zeigen das auch dann die Mutter oft wieder rückfällig wird. Das Kind könnte zur Entlastung der Mutter und auch für sich selbst z.b in eine Tagesfamilie nach der Schule gehen solange die Mutter ihre Sucht in den Griff zu bekommen versucht. Die Tagesfamilie müsste allerdings eingeweiht sein und auch ausgebildet für solche Angelegenheiten,es gibt auch Pflegfamilien die Tageskinder nehmen. Dies müsste z.B. eine Sozialarbeiterin (z.B. bei der Suchtberatung zu finden) entscheiden oder in die Wege leiten.
Du kannst dieser Frau wenn du möchtest als Gesrpächspartnerin zu Seite stehen. Allerdings lass dir sagen,das kann dich mit der Zeit auffressen. Eine Suchtperson ist ein Fass ohne Boden und sich gewohnt "zu nehmen" egal bei wem,wann und wie viel. Sie sind oft unzuverlässig und egoistisch im Handeln. Nicht aus Böswill sondern weil sie emotional nicht mehr fähig sind an andere zu denken. Deshalb,sei vorsichtig und belass es beim Kaffeetrinken oder so. Nur ein gut gemeinter Rat und ich spreche aus Erfahrung.

Leben und leben lassen
chnöpfli
Dabei seit: 16.03.2004
Beiträge: 646
Was ich noch vergessen habe zu sagen: man sollte sich auch Gedanken machen welches Vorbild die Frau für ihr Kind ist. Es wird ihr kaum gelingen ihre Fasade Zuhause aufrecht zu erhalten in den Zeiten wo sie zugedröhnt ist. Es ist ein Trugschluss das ein Kind das nicht mit bekommt,erst recht nicht in dem Alter. Ein Kind kann enorm seelisch leiden während es nach Aussen "gesund" erscheint. Denn aus Liebe zu den Eltern passen sich Kinder oft der Situation an! Ja manchmal verinnerlichen sie diese auf erschreckende Art sogar als Norm.

Einfach zum nachdenken...

Leben und leben lassen
carmelita233
Dabei seit: 28.05.2007
Beiträge: 1328
@blumerl:schwierige frage...das kommt wohl darauf an in welcher phase...
es gab die phase wo ich mir selbst gegenüber und anderen sowieso nie eingestanden hätte dass das problem so gross ist dass ich etwas hätte machen müssen...zu dieser zeit hätte man schlichtweg nichts machen können...und danach kam die zeit wo ich mich weinend bei meiner im arm schlafenden tochter entschuldigt habe weil ich wusste ich müsste etwas machen und gleichzeitig auch wusste ich habe die kraft nicht dazu...icon_frown.gif zu diesem zeitpunkt hätte ich jede (!) hilfe angenommen..!!

grundsätzlich würde ich ihr anbieten dazusein wenn sie dich braucht wenn sie etwas ändern will.sei es mit begleiten auf ämter die wissen was man tun kann oder wenn sie sich stationär behandeln lassen würde falls möglich ihr kind zu nehmen in dieser zeit zb. (meine war bei den grosseltern für diese zeit,hätte ich sie in ein heim geben müssen wäre der schritt viel schwerer gefallen..!).

und wenn ihr zwei wirklich vetraut seit miteinander ihr in gesprächen bewusst machen dass das kind eben doch schaden nimmt...egal wie fest sie sich bemüht..
aber auch das hätte ich nie geglaubt zu diesem zeitpunkt..icon_frown.gif


der andere punkt ist dass es nochmal 1000 mal schwerer wird wenn du noch in einer sucht beziehung bist...denn dass es beide schaffen ist die chanche sehr klein...nur schon dass beide gkleich bereit sind was zu ändern...und dann müssten sie wohl in eine stationäre therapie ,mit dem kind...

man bekommt alles hin wenn man nur genug will!!!
Smile79
Dabei seit: 07.04.2009
Beiträge: 2397
chnöpfli
das es für kinder "normal" wird - man kennt es ja nicht anders.... und was man nicht kennt, vermisst man nicht - und lernt nichts anderes kennen.
bei der familie meiner schulkollegin war für uns auch normal, dass für uns komische leute da waren "emotional extrem" - dass die bananenschale getrocknet wurde..... - die eltern mal "boxkämpfe" veranstalteten, der pappa nicht immer gerade aus laufen konnte - für uns als kinder ganz normal, das war ihre familie.... - für sie auch.
carmelita233
Dabei seit: 28.05.2007
Beiträge: 1328
chnöpfli hatt den teil des emotonalen was fehlt sehr gut beschrieben...beziehungen bilden etc.


aber es muss nicht sein dass das kind die eltern zugedröhnt erleben!! hatt meine tochter mich nicht! trotzdem nimmt es schaden,weil wenn sie ganz ehrlich ist nicht das kind an 1. stelle steht sondern immer die sucht...konnte ich auch erst jahre später zugeben..icon_frown.gif

man bekommt alles hin wenn man nur genug will!!!
clexi
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 19.08.2004
Beiträge: 9
kokain ist noch teurer wie Heroin.Und als Beispiel,5 gramm Heroin kosten 150.- und da es eben dermassen gestreckt wird braucht man dann wohl auch so viel,weil es scheiss Material ist.Er sagtecselbst,dass es aber zu früher viel billiger geworden ist,aber auch viel schlechter.Also kommt es dann wohl auf den selben Betrag.Ich weiss sehr gut,wie ein Süchtiger einem die eigene Energie ziehen kann.Und ich hab es ja bei Ihr gesehen.Sie wollte Ihm damals helfen,und ist durch die CO-Abhängigkeit selber da rein gerutschd.Klar es war Ihre Entscheidung,aber ich weiss auch was sie für Schreckliche Sachen in der Kindheit erlebt hatte.Es macht mich halt echt traurig sowas.Aber wie gesagt,ich lass meine Tochter nach wie vor ganz normal mit Ihrer Tochter spielen,die beiden treffen sich oft.Teils bei uns;teils auch bei Ihnen.
Ich danke euch für eure offenen und Ehrlichen Meinungen...

Lebe jeden tag so,als wäre es dein Letzter
Sandara
Dabei seit: 07.12.2009
Beiträge: 13
Clexi, Du kennst ich da aber gut aus mit den Preisen und so...
Smile79
Dabei seit: 07.04.2009
Beiträge: 2397
carmelita
ich finde deine offenheit zu diesem beitrag sehr wertvoll!
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chnöpfli
Dabei seit: 16.03.2004
Beiträge: 646
@clexi
Das finde ich schön. Denn warum sollte man die Kinder auch nicht zusammen spielen lassen. Sie können ja nichts dafür. Und sie braucht ihre Kinderwelt,dazu gehört auch der Umgang mit anderen Kindern.

Viele Menschen erleben schlechte Dinge früher oder später. Und jeder muss selber wissen ob er das betäuben will oder nicht und auf welche Art und Weise. Es ist eine Art dies durch eine Sucht zu tun,es gibt aber auch noch andere Methoden. Und es ist das eine ob man sich das ganz alleine zufügt oder ob man da sein Kind mit hinein zieht. Das muss aber eben jeder selber für sich entscheiden. Hilfsangebote gibt es ja, man muss sie sich einfach nur nehmen wenn man bereit dazu ist.

@Smile
Das ist mir auch durch den Kopf gegangen als ich bei Carmelita gelesen habe. Schön hast du das erwähnt. Schliesse mich dem an.

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